+ All documents
Home > Documents > Mobile Business Intelligence

Mobile Business Intelligence

Date post: 04-Dec-2023
Category:
Upload: hs-onsabrueck
View: 0 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
17
Mobile Business Intelligence Besonderheiten, Potenziale und prozessorientierte Gestaltung Bensberg, F. 1 Potenziale der mobilen Entscheidungsunterstützung .................................. 72 2 Technische Grundlagen der Mobile BI ....................................................... 73 2.1 Business Intelligence als Integrationskonzept ................................... 73 2.2 Besonderheiten und Potenziale des Mobile BI.................................. 75 3 Prozessorientierte Gestaltung von BI-Systemen ......................................... 79 3.1 Methodisches Grundkonzept ............................................................. 79 3.2 Ermittlung von Entscheidungsprozessen .......................................... 80 3.3 Bewertung von Entscheidungsprozessen .......................................... 81 3.4 Ableitung von BI-Maßnahmen ......................................................... 83 4 Zusammenfassung ....................................................................................... 86 Literaturverzeichnis............................................................................................... 86
Transcript

Mobile Business Intelligence

Besonderheiten, Potenziale und prozessorientierte Gestaltung

Bensberg, F.

1 Potenziale der mobilen Entscheidungsunterstützung .................................. 72

2 Technische Grundlagen der Mobile BI ....................................................... 73

2.1 Business Intelligence als Integrationskonzept................................... 73 2.2 Besonderheiten und Potenziale des Mobile BI.................................. 75

3 Prozessorientierte Gestaltung von BI-Systemen ......................................... 79

3.1 Methodisches Grundkonzept............................................................. 79 3.2 Ermittlung von Entscheidungsprozessen .......................................... 80 3.3 Bewertung von Entscheidungsprozessen .......................................... 81 3.4 Ableitung von BI-Maßnahmen ......................................................... 83

4 Zusammenfassung....................................................................................... 86

Literaturverzeichnis............................................................................................... 86

72 Bensberg, F.

Zusammenfassung Mit dem Konzept der Mobile Business Intelligence (Mobile BI) können die Datenbestände betrieblicher Data Warehouse-Systeme für Ent-scheidungsprozesse im Mobile Marketing erschlossen werden. Der aktuelle Fokus verfügbarer BI-Softwarelösungen liegt dabei auf der Mobilisierung des betriebli-chen Berichtswesens, womit Effizienzsteigerungen erzielt werden können. Weitere Nutzenpotenziale können hingegen durch konsequente Ausrichtung mobiler BI-Systeme auf den jeweiligen Anwendungskontext erschlossen werden. Dies setzt allerdings eine prozessorientierte Gestaltung mobiler BI-Systeme voraus. In die-sem Beitrag werden zunächst die technischen Grundlagen des Mobile BI erörtert. Hierauf aufbauend wird ein methodischer Ansatz vorgestellt, der eine prozessori-entierte Gestaltung gewährleistet und einen Bezugsrahmen zur systematischen In-tegration des Mobile BI in die Entscheidungsprozesse des Mobile Marketing lie-fert.

1 Potenziale der mobilen Entscheidungsunterstützung

Die aktuelle Auseinandersetzung mit entscheidungsunterstützenden Informations-systemen wird durch das Business Intelligence (BI)-Konzept geprägt, das Kompo-nenten zur Bereitstellung, Aufbereitung und Analyse von Daten für Entschei-dungsprozesse umfasst (Bensberg 2008, S. 129). Der Kerngedanke dieses Kon-zepts besteht darin, betriebliche Akteure auf der Grundlage eines weitgehend zentralisierten BI-Systems mit entscheidungsrelevanten Daten zu versorgen und somit die Effektivität bzw. Effizienz deren Entscheidungsprozesse sicherzustellen. Zentrales Architekturelement solcher BI-Systeme ist ein Data Warehouse, das ei-ne konsistente und qualitativ hochwertige Datenbasis für dispositive Zwecke be-reitstellt (Kemper et al. 2006, S. 19). Mit der zunehmenden Verbreitung leistungsfähiger mobiler Endgeräte und Mobil-funknetze steht die technologische Basis zur Verfügung, um mit solchen BI-Systemen nicht nur stationäre, sondern vielmehr auch mobile Entscheidungs-prozesse betrieblicher Akteure zu unterstützen (Steria Mummert Consulting 2006, S. 40; Derballa u. Pousttchi 2004, S. 587f.). Hiermit eröffnet sich für das Mobile Marketing das Potenzial, BI-Systeme zur Entscheidungsunterstützung im Rahmen mobiler Marketingprozesse einzusetzen. Mit diesem Ansatz des Mobile BI können dispositive Daten sowohl für Führungsprozesse des Marketing-Managements be-reitgestellt werden, als auch in mobile Beratungs-, Vertriebs- und Serviceprozesse auf der operativen Ebene einfließen. Mit dieser Mobilisierung dispositiver Daten wird einerseits ein Beitrag zur Sicherung der Entscheidungsqualität geliefert, die mit einer erhöhten Prozesseffektivität einhergeht. Andererseits werden die Bin-dung von Marketingakteuren und deren Entscheidungsprozesse an einen stationä-

Mobile Business Intelligence 73

ren Arbeitsplatz aufgehoben, sodass Effizienzsteigerungen durch räumliche und zeitliche Flexibilisierung dispositiver Tätigkeiten zu erwarten sind. Zur Realisierung dieser Potenziale sind neben einer adäquaten technischen Infra-struktur auch geeignete Methoden erforderlich, mit denen mobile BI-An-wendungen für das Mobile Marketing systematisch erschlossen werden können. Im Rahmen der folgenden Betrachtungen werden zunächst die technischen Grund-lagen des Mobile BI erörtert und hierauf aufbauend eine Vorgehensweise zur pro-zessorientierten Gestaltung mobiler BI-Anwendungen thematisiert.

2 Technische Grundlagen der Mobile BI

2.1 Business Intelligence als Integrationskonzept

Unter Business Intelligence ist ein integrierter Gesamtansatz zur Gestaltung der betrieblichen Entscheidungsunterstützung zu verstehen, mit dem unterschiedliche informationstechnologische Komponenten zusammengeführt werden (Kemper et al. 2006, S. 8). Hiermit wird die Zielsetzung verfolgt, eine organisatorisch und technisch zentralisierte Gesamtlösung zu schaffen. Als konstituierend für BI-Systeme ist eine schichtenorientierte Anordnung der einzelnen BI-System-komponenten anzusehen. Diese Komponenten dienen der Extraktion entschei-dungsrelevanter Daten aus unternehmensinternen und -externen Datenquellen, de-ren Vorbereitung und Speicherung und schließlich deren Bereitstellung für Ent-scheidungsprozesse betrieblicher Akteure. Die resultierende Schichtenarchitektur von BI-Systemen wird in Abbildung 1 illustriert. Zentrales Architekturelement bildet dabei ein Data Warehouse-System, das eine von Daten liefernden, unternehmensinternen oder -externen Informationssystemen emanzipierte Datenhaltung für dispositive Zwecke gewährleistet. Mit dieser Da-tenhaltung wird eine einheitliche und konsistente Datenbasis hergestellt, mit der nicht nur die Akteure einzelner Fachabteilungen oder Organisationsbereiche son-dern im Extremfall auch des gesamten Unternehmens versorgt werden können. Mithilfe solcher Data Warehouses sind relevante Daten, die aus der Abwicklung unternehmensinterner und -externer Prozesse resultieren, auszulesen und in einer Datenschicht zusammenzuführen (Core Data Warehouse). Die hierfür erforderli-chen datenlogistischen Prozesse werden von einem ETL-System übernommen, das Funktionalitäten zur Extraktion, zur Transformation und zum Laden der Daten in das Data Warehouse bereitstellt (Grob u. Bensberg 2007, S. 83f.).

74 Bensberg, F.

Abb. 1. BI-Architekturmodell

Auf Grundlage dieser zentralen Datenschicht sind Teildatenbestände zur Deckung des Informationsbedarfs der betrieblichen Akteure zu generieren. Diese Teildaten-bestände, die auch als Data Marts bezeichnet werden, sind schließlich an die zu versorgenden Organisationseinheiten auszuliefern. Zur Verarbeitung dieser Data Marts können unterschiedliche Analyseanwendungen eingesetzt werden. Eine ho-he praktische Bedeutung besitzen dabei Berichts- und Tabellenkalkulationssyste-me. Während mit Berichtssystemen die Data Marts anhand vordefinierter Be-richtsvorgaben aufbereitet werden können, erlauben Tabellenkalkulationssysteme eine flexible, tabellenorientierte Analyse mithilfe mathematisch-statistischer Me-thoden. Darüber hinaus stehen OLAP-Systeme zur Verfügung, mit denen die An-wender individuelle Sichten auf multidimensionale Datenbestände generieren können. Data Mining-Systeme gestatten hingegen die Nutzung komplexerer Ana-lysemethoden, die z.B. zur Klassifikation, Regression und Segmentierung hoch-dimensionaler Datenbestände dienen (Bensberg 2001, S. 95ff.). Als Dashboards werden solche Analyseanwendungen bezeichnet, die aufgabenspezifische Daten auf einer Bildschirmseite visualisieren, sodass diese auf einen Blick überwacht werden können (Few 2005, S. 18f.). Um eine intuitive Informationsaufnahme

Mobile Business Intelligence 75

durch den Anwender zu fördern, werden hierzu Visualisierungstechniken einge-setzt, die eine Nachbildung analoger Instrumententafeln – wie z.B. Tachometeran-zeigen – leisten. Die skizzierten Analyseanwendungen können in ein Portalsystem eingebunden werden, mit dem eine einheitliche und ggf. personalisierte Benutzer-oberfläche für den Anwender zur Verfügung gestellt wird. Diese Analyseanwendungen sind so zu konzipieren, dass die Entscheidungspro-zesse der Marketingorganisation möglichst gut unterstützt werden. Dieser Sach-verhalt wird in Abbildung 1 anhand einer funktionsorientierten Marketingorgani-sation verdeutlicht (Bruhn 2007, S. 282f.), deren Akteure strategische, taktische und operative Entscheidungsprozesse abzuwickeln haben. Hiermit geht die grund-legende Anforderung einher, Transparenz dieser Entscheidungsprozesse herzustel-len und bestehende Schwachstellen in diesen Prozessen mithilfe geeigneter BI-Anwendungen abzubauen. Eine Herausforderung bildet hierbei die Unterstüt-zung mobiler Entscheidungsprozesse, in denen der Zugriff auf dispositive Daten des Data Warehouses über mobile Endgeräte und unterschiedliche Kommunikati-onsnetze abgewickelt werden muss. Hierfür sind BI-Lösungen als mobil verteilte Systeme zu realisieren, deren Besonderheiten und Potenziale zu konkretisieren sind. 2.2 Besonderheiten und Potenziale des Mobile BI

Mit der Gestaltung mobiler BI-Systeme entsteht die Herausforderung, bestehende BI-Lösungen an die unterschiedlichen Eigenschaften mobiler Umgebungen und Kontexte anzupassen. Hierbei sind nicht nur die teils sehr unterschiedlichen Kommunikationseigenschaften drahtloser Netze zu berücksichtigen, sondern auch die Heterogenität der Endgeräte. Abbildung 2 illustriert die Struktur mobiler BI-Systeme, in denen der Zugang sowohl über zellulare Mobilfunknetze (z.B. UMTS) als auch Hotspots (WLAN) stattfinden kann. Zur Gestaltung solcher Systeme sind mobile BI-Komponenten erforderlich, über die Entscheidungsträger auf die Datenbestände des Data Warehouse-Systems zugreifen können. Hierfür sind zunächst Mechanismen notwendig, die eine Ab- und spätere Wiederankopplung mobiler Entscheidungsträger an das stationäre BI-System leisten (Schill u. Springer 2007, S. 241ff.). Solche Mechanismen haben sicherzustellen, dass die stationären Data Marts des Data Warehouse-Systems auf den mobilen Endgeräten in Form mobiler Data Marts repliziert und synchronisiert werden, sodass eine konsistente Datengrundlage zur Entscheidungsfindung ent-steht. Zur Umsetzung der notwendigen Replikations- und Synchronisationsprozes-se können Erweiterungen etablierter relationaler Datenbanksysteme eingesetzt werden, die den automatischen Abgleich und die Konsistenzsicherung zwischen stationären und mobilen Data Marts leisten. Auf dem mobilen Endgerät ist hierfür ebenfalls ein relationales Datenbanksystem zu betreiben, das das Arbeiten mit den

76 Bensberg, F.

mobilen Datenbeständen im abgekoppelten Zustand gestattet. Aufgrund schmal-bandiger und teils fehleranfälliger Kommunikationskanäle sind zum Abgleich der Datenbestände Kompressionsverfahren einzusetzen, mit denen die Effizienz der Datenübertragung sichergestellt werden kann.

Mobiltelefon Smartphone PDA Tablet PC Stationärer PCNotebook

Mobiler Zugriff(UMTS, GSM, GPRS)

Hotspot-Zugang(WLAN)

Festnetz-Zugang

(Gigabit Ethernet, DSL)

Mobile BI-Client

Datenschicht

Data Warehouse-System

Stationäre Data Marts

Core Data Warehouse

ETL-System

Mobilitätsunterstützung durchReplikations-, Synchronisations- und

Sicherheitsmechanismen

Abb. 2. Mobiles BI-System

Da solche Data Marts unternehmenskritische Informationen enthalten können, sind dedizierte Sicherheitsmechanismen für den Betrieb mobiler BI-Systeme not-wendig. Mit solchen Sicherheitsmechanismen ist nicht nur ein unberechtigtes Ab-hören bei der Datenreplikation zu unterbinden, sondern auch der Zugriff auf mobi-le Data Marts durch wirksame Authentifizierungs- und Verschlüsselungsverfahren einzuschränken. Auf diese Weise ist auch zu gewährleisten, dass im Fall des Ver-lusts oder des Diebstahls mobiler Endgeräte die Datenbestände nicht eingesehen und verwertet werden können.

Mobile Business Intelligence 77

Mobile Data Marts bilden die Grundlage für Frontend-Anwendungen, mit denen die Datenbestände auf den Endgeräten für Entscheidungszwecke aufbereitet und visualisiert werden. Hierfür sind mobile BI-Clients erforderlich, die Anwendungs- und Dialogfunktionen zur Verfügung stellen. Bei solchen BI-Clients sind zwei Ansätze zu differenzieren. So kann der Zugriff über Thin Clients erfolgen, die auf WWW-Technologien aufsetzen und somit Standardfunktionalitäten anbieten. In diesem Fall werden üblicherweise WWW-Browser als BI-Frontend auf dem mobi-len Endgerät eingesetzt. Rich Clients stellen hingegen eigenständige Anwendun-gen dar, die über ein breiteres Spektrum an Funktionalitäten verfügen als dies mit klassischen Browserumgebungen realisierbar ist. So können mithilfe von Rich Clients beispielsweise dynamische Visualisierungstechniken und komplexe An-wendungsfunktionen umgesetzt werden. Diese Rich Clients können auf dem je-weiligen Betriebssystem des Endgeräts (z.B. Windows Mobile, Symbian OS, Ubuntu Mobile) oder einer Java-Umgebung aufsetzen. Mit einer systemspezifi-schen Realisierung können zwar sämtliche Eigenschaften des mobilen Endgeräts (z.B. bestimmte Bedienelemente zur Navigation) genutzt und eine hohe Perfor-manz sichergestellt werden, allerdings wird die Portabilität hierdurch einge-schränkt (Schill u. Springer 2007, S. 293). Dieser Ansatz kann sich dann als prob-lematisch erweisen, wenn ein breites Spektrum unterschiedlicher Endgeräte von den betrieblichen Akteuren eingesetzt wird. In diesem Fall ist mit einem höheren Aufwand für die Wartung des mobilen BI-Systems zu rechnen. Aufgrund der im Vergleich zu stationären PCs eingeschränkten Visualisierungs- und Interaktionsfähigkeiten mobiler Endgeräte werden mobile BI-Clients primär zur Realisierung von Berichtsanwendungen und Dashboards eingesetzt. Die hier-für erforderlichen Visualisierungstechniken können auch mit den Ausgabemedien von Smartphones oder PDAs effektiv umgesetzt werden, die eine vergleichsweise geringe Auflösung und Farbtüchtigkeit besitzen. Abbildung 3 zeigt die Visualisie-rung einer exemplarischen BI-Berichtsanwendung mit dem Rich Client des Soft-wareprodukts Cognos 8 Go! Mobile. Zur Entwicklung solcher BI-Anwendungen werden in der betrieblichen Praxis BI-Werkzeuge eingesetzt, die in Form von Standardsoftwareprodukten am Markt verfügbar sind. Komplettlösungen (BI-Suiten) stellen dabei Entwicklungsumge-bungen zur Verfügung, mit denen sämtliche Schichten des BI-Systems implemen-tiert werden können. Auf diese Weise entstehen End-to-End-Lösungen, die durch-gängig mithilfe herstellerspezifischer und integrationsfähiger Entwicklungs-werkzeuge realisiert werden (Grob u. Bensberg 2007, S. 90). Die Entwicklung mobiler BI-Anwendungen erfolgt im Rahmen solcher Komplettlösungen nach dem Single Source-Authoring. So können beispielsweise Berichte auf Grundlage des Data Warehouse-Systems erzeugt werden, die anschließend sowohl auf mobi-len als auch stationären Endgeräten abrufbar sind. Auf diese Weise müssen zur Entwicklung mobiler BI-Anwendungen einerseits keine manuellen Adaptionen vorgenommen werden, mit denen Berichtsinhalte an die jeweiligen Visualisie-rungsfähigkeiten des Endgeräts angepasst werden. Andererseits sind keine eigen-

78 Bensberg, F.

ständigen Entwicklungsumgebungen erforderlich, sodass der zusätzliche Entwick-lungsaufwand zur Mobilisierung von BI-Anwendungen gering gehalten werden kann.

Abb. 3. Beispiel für eine mobile BI-Anwendung mit Cognos 8 Go! Mobile

Mit dem skizzierten Entwicklungsansatz können vor allem Berichtsanwendungen zur Verfügung gestellt werden, sodass eine höhere Flexibilität des betrieblichen Berichtswesens erzielt werden kann (Nicolas 2008, S. 34). Weitere Potenziale des Mobile BI gehen aus der Berücksichtigung des Benutzungskontexts hervor, mit der das Verhalten der BI-Anwendung an die jeweilige Anwendungssituation ange-passt werden kann. Zu solchen kontextabhängigen Informationen sind nicht nur Ort und Zeit der Nutzung zu zählen, sondern insbesondere auch der jeweilige Ent-scheidungsprozess, der mithilfe der BI-Anwendung abgewickelt wird. Sofern ein solcher Prozesskontext ermittelt werden kann, entsteht eine Grundlage zur Adapti-on mobiler BI-Anwendungen an die jeweilige Entscheidungssituation, mit der nicht nur die generelle Gebrauchstauglichkeit (Usability) im mobilen Umfeld ge-

Mobile Business Intelligence 79

steigert werden kann, sondern auch die Qualität des Entscheidungsprozesses und der resultierenden Entscheidung (Grob et al. 2008, S. 9ff.). Um die skizzierten Potenziale mobiler und stationärer BI-Systeme zu realisieren, sind daher Ansätze notwendig, mit denen Entscheidungsprozesse systematisch in Bezug auf Unterstützungspotenziale analysiert werden können. Auf Grundlage dieser Analyse sind schließlich Gestaltungsempfehlungen abzuleiten. Zu diesem Zweck wird im Folgenden eine Vorgehensweise zur prozessorientierten Gestal-tung von BI-Systemen eingeführt.

3 Prozessorientierte Gestaltung von BI-Systemen

3.1 Methodisches Grundkonzept

Abb. 4. Grundkonzept der Methode

Mit der prozessorientierten Gestaltung von BI-Systemen ist die Herausforderung verknüpft, betriebliche Entscheidungsprozesse zu ermitteln und in Bezug auf de-ren Entscheidungsunterstützung zu untersuchen. Defizite in der Entscheidungsun-terstützung sind durch geeignete BI-Maßnahmen abzubauen. Hierzu sind insbe-sondere die Neuentwicklung oder Umgestaltung stationärer und mobiler BI-Anwendungen zu zählen. Mit der Bereitstellung dieser BI-Anwendungen ist die Zielsetzung zu verbinden, die Effektivität und Effizienz von Entscheidungs-prozessen zu sichern. Diese Aufgabenstellung ist von denjenigen Organisations-einheiten zu bewältigen, die für die Entwicklung und den Betrieb von

80 Bensberg, F.

BI-Systemen als zentralisierte Lösungen verantwortlich sind. Hierfür kommt z.B. ein BI-Center infrage, das in Form eines Cost Centers institutionalisiert wird und das BI-System für bestimmte Fachabteilungen oder Organisationsbereiche – z.B. für den Vertriebs- und Servicebereich – betreut (Bensberg 2008, S. 131f.). Um ei-ne prozessorientierte Gestaltung sicherzustellen, hat dieses BI-Center die in Ab-bildung 4 dargestellten Teilschritte umzusetzen. Die zentralen Teilschritte der skizzierten Vorgehensweise werden im Folgenden erörtert. 3.2 Ermittlung von Entscheidungsprozessen

Ausgangspunkt bildet die Ermittlung von Entscheidungsprozessen, mit der zu-nächst eine Identifikation und anschließende Analyse in Bezug auf die bestehende Entscheidungsunterstützung zu verbinden ist. Im Mittelpunkt stehen dabei solche Entscheidungsprozesse, die repetitiven Charakter aufweisen, sodass die Gestal-tung dedizierter BI-Anwendungen zur Entscheidungsunterstützung wirtschaftlich sinnvoll ist. Zur Identifikation betrieblicher Entscheidungstätigkeiten stehen unter-schiedliche Datengewinnungsmethoden zur Verfügung:

• Befragungstechniken können eingesetzt werden, um bestimmte Personen zu vorgegebenen Sachverhalten Stellung nehmen zu lassen und ermöglichen die Ableitung von Aussagen über Entscheidungstätigkeiten, die die befragten Ak-teure (z.B. Marketing-Manager, Vertriebsmitarbeiter, Marketing-Controller) in ihrer betrieblichen Praxis üblicherweise vollziehen.

• Zur Erkennung von Entscheidungsprozessen kann eine Beobachtung betriebli-cher Akteure erfolgen. Dies erfordert allerdings die Präsenz eines menschlichen Beobachters bzw. technischen Hilfsmittels an dem Ort, an dem der Entschei-dungsträger die Entscheidungstätigkeit ausübt.

• Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Entscheidungsprozesse anhand be-trieblicher Dokumente zu identifizieren, die Vorgaben für die konkrete Pro-zessausführung enthalten. Vorgabecharakter besitzen beispielsweise Sollpro-zessmodelle, aus denen Entscheidungsaufgaben von Marketingakteuren abgeleitet werden können. Hierzu können Verfahren der Dokumentenanalyse eingesetzt werden.

Der dokumentenanalytische Ansatz erweist sich aus aufwandsökonomischer Per-spektive vor allem dann als attraktiv, wenn im Unternehmen bereits eine ausge-prägte Prozessorganisation vorliegt. In diesem Fall stehen Sollprozessmodelle zur Verfügung, die z.B. operative Marketingprozesse dokumentieren und systematisch in Bezug auf mobile oder stationäre Entscheidungstätigkeiten untersucht werden können. Im Rahmen der Befragung können hingegen auch solche Entscheidungs-prozesse identifiziert werden, die nicht in Form von Prozessmodellen dokumen-

Mobile Business Intelligence 81

tiert sind. Hierzu sind insbesondere auch Führungsprozesse zu zählen, die übli-cherweise nicht im Fokus des betrieblichen Prozessmanagements stehen (Becker u. Kahn 2005, S. 6ff.). Die identifizierten Entscheidungsprozesse sind anschließend in Bezug auf diejeni-gen Mittel zu untersuchen, die die Marketingakteure zur Entscheidungsfindung einsetzen. Dieser Mittelaspekt umfasst einerseits die betriebswirtschaftlichen Kon-zepte, die zur Entscheidungsfindung benutzt werden und letztlich der Konstruktion von Beschreibungs-, Erklärungs- oder Entscheidungsmodellen dienen (Hahn u. Hungenberg 2001, S. 57). Hierzu sind neben Kennzahlen auch komplexere, nume-rische Verfahren wie etwa Segmentierungs-, Prognose- oder Optimierungskonzep-te zu zählen. Andererseits ist zu klären, mithilfe welcher Informationssysteme die-se Konzepte durch den Entscheidungsträger umgesetzt werden. Diese Analyse ist von erheblicher Bedeutung, da in der betrieblichen Praxis häufig provisorische Systeme zur Entscheidungsfindung eingesetzt werden, die nicht auf der einheitli-chen und konsistenten Datengrundlage des Data Warehouses basieren. Hierzu sind etwa Tabellenkalkulationsanwendungen und einfache Datenbankanwendungen zu zählen. Solche Systeme werden typischerweise inoffiziell von Akteuren in den einzelnen Fachabteilungen entwickelt und betrieben, stellen jedoch solche Funkti-onalitäten zur Verfügung, die mithilfe zentral bereitgestellter BI-Systeme zu reali-sieren sind. Deshalb werden solche Provisorien auch als Schattensysteme (IT Sha-dow Systems bzw. Data Shadow Systems) bezeichnet (Eckerson u. Sherman 2008, S. 4f.). Mit der Substitution dieser Schattensysteme durch zentral bereitgestellte BI-Lösungen kann nicht nur der personelle Aufwand in den Fachabteilungen re-duziert werden, sondern auch die Datenqualität – und somit ggf. die Qualität der resultierenden Entscheidungen – verbessert werden. 3.3 Bewertung von Entscheidungsprozessen

Aufbauend auf der Ermittlung hat die Bewertung von Entscheidungsprozessen in Bezug auf deren bestehende Entscheidungsunterstützung zu erfolgen. Da disposi-tive Informationssysteme generell die Effektivität und Effizienz von Entschei-dungsprozessen sicherstellen sollen, sind hierfür geeignete Kriterien erforderlich. Mit der Effektivitätssicherung ist letztlich die Intention verbunden, durch die Be-reitstellung von Informationssystemen einen Beitrag zur Erreichung der betriebli-chen Ziele (z.B. Umsatz- und Renditeziele) zu leisten. Eine Messung der system-bedingten Wirksamkeit hinsichtlich der Erreichung betrieblicher Ziele steht allerdings vor erheblichen Problemen, da die Zusammenhänge zwischen Informa-tions-systemen und der Konsequenzen derjenigen Entscheidungen, die mithilfe dieser Systeme gefällt werden, nicht greifbar sind (Vetschera 1995, S. 218). Mit der Effizienzsicherung betrieblicher Entscheidungsprozesse wird hingegen die Entlastung des betrieblichen Entscheidungsträgers intendiert, die sich beispiels-

82 Bensberg, F.

weise in einer beschleunigten Ausführung des Entscheidungsprozesses bemerkbar macht. Zur Bewertung der Effektivität der Entscheidungsunterstützung ist aufgrund der geschilderten Problematik eine Orientierung am subjektiv empfundenen Nutzen der Entscheidungsträger als Systemanwender zweckmäßig. Zu diesem Zweck sind Wertaussagen der Entscheidungsträger über die prozessspezifisch eingesetzten In-formationssysteme zu erheben und zu verdichten. Diese Bewertung hat dabei zu berücksichtigen, dass dispositive Informationssysteme zur Umsetzung betriebs-wirtschaftlicher Konzepte dienen. Fasst man betriebswirtschaftliche Konzepte als Kombinationen von Modellen als statische Repräsentationen und Methoden als dynamische Ablaufstrukturen zu deren Erzeugung auf (Stölzle 1999, S. 144f.), legt dies eine Bewertung von dispositiven Informationssystemen in Bezug auf die Kri-terien Ergebnisqualität (Modellqualität) und Prozessqualität (Methodenqualität) nahe. Diese beiden Kriterien können durch den Entscheidungsträger mit Wertaus-sagen belegt werden, die anschließend zu einer prozessspezifischen Effektivitäts-kennzahl zu verdichten sind. Diese ist als Indikator für die subjektive Zufrieden-heit des Entscheidungsträgers mit der Entscheidungsunterstützung interpretierbar. Zur Effizienzbewertung wird hingegen der Abdeckungsgrad von Entscheidungs-prozessen mit BI-Anwendungen zugrunde gelegt. Dieser Bewertungsansatz ergibt sich aus der Überlegung, dass zentral bereitgestellte BI-Anwendungen gegenüber dezentral betriebenen Schattensystemen zur Entlastung des Entscheidungsträgers führen. Infolgedessen ist als objektives Bewertungskriterium für die prozessspezi-fische Effizienz der BI-Abdeckungsgrad zu ermitteln. Dieser kann als Verhältnis-kennzahl gebildet werden, indem die Anzahl der eingesetzten BI-Anwendungen in Beziehung zur Anzahl sämtlicher Anwendungen gesetzt wird, die zur Entschei-dungsfindung verwendet werden. Hierbei können prinzipiell auch weitere Mittel der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. So weist etwa die BI-Studie biMA® 2006 darauf hin, dass Berichtsausdrucke von hoher entscheidungsprakti-scher Bedeutung sind (Steria Mummert Consulting 2006, S. 39). Effizienzverluste entstehen hierbei einerseits durch die Erstellung und Verteilung von Berichtsaus-drucken sowie die manuelle Recherche in den resultierenden Dokumenten. Die skizzierten Bewertungsverfahren gestatten schließlich eine Konstruktion der Gesamtsicht auf die ermittelten Entscheidungsprozesse anhand deren Effektivi-täts- und Effizienzposition. In Abbildung 5 wird hierzu eine exemplarische Portfo-liodarstellung eingeführt, die eine Positionierung von vier mobilen und stationären Entscheidungsprozessen anhand deren Effektivität und Effizienz vornimmt. Dabei wird die Kreisfläche und -färbung zur Darstellung der Frequenz und der Relevanz der einzelnen Entscheidungsprozesse herangezogen. Eine Bewertung der Frequenz erfasst die Häufigkeit, mit der ein Entscheidungsprozess in einem definierten Zeit-raum ausgeführt wird. Die Relevanz reflektiert die strategische Bedeutsamkeit des Prozesses für die Erreichung betrieblicher Ziele. Anhaltspunkte hierfür gehen bei-spielsweise aus der Führungsstufe des Entscheidungsträgers, der Höhe des mit der

Mobile Business Intelligence 83

Entscheidung festgelegten Mitteleinsatzes oder den Kosten von Fehlentscheidun-gen hervor. Mit dieser Darstellung sind solche Entscheidungsprozesse identifizierbar, deren Entscheidungsunterstützung Defizite aufweist und somit durch die Ableitung von BI-Maßnahmen zu verbessern ist.

Effektivität(Nutzerzufriedenheit)

Effizienz(BI-Abdeckungsgrad)

niedrig hoch

nied

righo

ch

Q4 Q1

Q2Q3

LegendeKampagnen-planung

[stationär] Kreisfläche

Zunehmende Frequenz desEntscheidungsprozesses

Kreisfarbe

Zunehmende Relevanz desEntscheidungsprozesses

Werbeplanung Offline

[stationär]

Cross-Selling-Aktionsplanung

[mobil]

Angebotspreisbestimmen

[mobil]

Abb. 5. Exemplarische Visualisierung von Entscheidungsprozessen

3.4 Ableitung von BI-Maßnahmen

Mit der Ableitung von Maßnahmen ist die Effektivität und Effizienz von Ent-scheidungsprozessen zu sichern. Dies betrifft einerseits die künftige Aufrechter-haltung der Effektivität und Effizienz derjenigen Entscheidungsprozesse, die be-reits über eine hohe Effektivitäts- und Effizienzposition verfügen. Andererseits ist die Verbesserung derjenigen Prozesse anzustreben, die über Effektivitäts- bzw. Effizienzdefizite verfügen. Zu diesem Zweck werden die in Abbildung 5 darge-stellten Felder als Äquivalenzklassen aufgefasst, für deren Prozesse ähnliche oder gleichwertige Transformationsmaßnahmen zu identifizieren sind. Zur Ableitung solcher Maßnahmen werden in Abbildung 6 Handlungsmuster dargestellt, die Transformationspfade zum Idealfeld (Q1) kennzeichnen.

84 Bensberg, F.

Handlungsmuster

ineffektive,effiziente

Entscheidungs-prozesse

ineffektive,ineffiziente

Entscheidungs-prozesse

effektive,ineffiziente

Entscheidungs-prozesse

Effektivität(Nutzerzufriedenheit)

Effizienz(BI-Abdeckungsgrad)

niedrig hoch

nied

righo

ch

Q4 Q1

Q2

effektive,effiziente

Entscheidungs-prozesse

Q31

2

3

1

2

4

Reproduktion

BI-Sicherung

Rekonstruktion

3 BI-Outpacing

4

Abb. 6. Handlungsmuster zur Effektivitäts- und Effizienzsicherung

• Das Handlungsmuster wird als Reproduktion bezeichnet und intendiert eine Steigerung des BI-Abdeckungsgrads durch Substitution von Schattensystemen durch stationäre oder mobile BI-Anwendungen.

• Mit dem Handlungsmuster der Rekonstruktion ( ) wird die Steigerung des Ef-fektivitätsniveaus derjenigen Entscheidungsprozesse beabsichtigt, die bereits überwiegend mit BI-Anwendungen abgewickelt werden (Q4). Da diese An-wendungen aus Nutzersicht deutliche Schwächen aufweisen, sind sie zu modi-fizieren bzw. durch neue Anwendungen zu ersetzen.

• Das Handlungsmuster des BI-Outpacings ( ) kombiniert die beiden vorange-henden Handlungsmuster und intendiert sowohl eine Steigerung des Effektivi-täts- als auch des Effizienzniveaus von Entscheidungsprozessen (Q3).

• Die BI-Sicherung ( ) umfasst die künftige Aufrechterhaltung des Effektivitäts- und Effizienzniveaus von Entscheidungsprozessen, die sich im Idealfeld der Entscheidungsunterstützung befinden (Q1). Hierzu sind solche Maßnahmen zu zählen, die die Versorgung von Entscheidungsträgern mit bereits bestehenden BI-Anwendungen aufrechterhalten.

Für Entscheidungsprozesse aus den Feldern Q2, Q3 und Q4 in Abbildung 6 sind BI-Entwicklungsmaßnahmen zu ergreifen, die eine Neugestaltung oder Modifika-tion von BI-Anwendungen zum Inhalt haben. Handelt es sich hierbei um mobile Entscheidungsprozesse, sind die in Abschnitt 2.2 erörterten Besonderheiten und Potenziale zu berücksichtigen. Aus technischer Perspektive ist daher sicherzustel-len, dass bei der BI-Anwendungsentwicklung Lösungen erstellt werden, die nicht nur die erforderlichen Replikations- und Synchronisationsfunktionalitäten sondern

Mobile Business Intelligence 85

auch die entsprechenden Sicherheitsmechanismen besitzen. Aus inhaltlicher Per-spektive ist hingegen zu prüfen, ob durch die Erschließung kontextbezogener In-formationen (Büchner 2004, S. 49f.) eine weitere Effektivitäts- oder Effizienzver-besserung erzielt werden kann. Dabei sind sowohl physikalische als auch prozessbezogene Kontextinformationen zu differenzieren. Zunächst können physikalische Informationen wie die Zeit und der Ort der Nut-zung ausgewertet werden. Mithilfe von Ortungssystemen steht etwa die Lokation des Entscheidungsträgers zur Verfügung, die zur Steuerung von BI-Anwendungen herangezogen werden kann. So besteht etwa die Möglichkeit, bei Annäherung ei-nes Außendienstmitarbeiters an den Sitz eines bestimmten Kunden automatisch kundenspezifische Berichte aus den Funktionsbereichen des Kundenkontaktmana-gements (z.B. Kontakthistorien), des Auftragsmanagements (z.B. Produktkonfigu-rationen) oder des analytischen CRM (z.B. Potenzialanalysen) bereitzustellen und mittels Push-Mechanismen automatisch auf dem mobilen Endgerät anzuzeigen. Eine weitere Kontextklasse bildet der Prozesskontext des mobilen Akteurs. Aus einem solchen Prozesskontext, der im Idealfall anhand eines Prozessmodells do-kumentiert wird, können beispielsweise einzelne Aufgaben und die Reihenfolge deren Abarbeitung entnommen werden. Auf diese Weise entsteht etwa die Mög-lichkeit, nicht nur kundenspezifische, sondern aufgabenspezifische Berichte bzw. Berichtssequenzen zu generieren. Liegt beispielsweise der mobile Entscheidungs-prozess Angebotspreis bestimmen vor, der von Vertriebsmitarbeitern vor Ort beim Kunden ausgeführt wird, können z.B. mithilfe von Preisfindungsmodellen Vor-schläge für diesen Entscheidungsprozess erzeugt werden. In solche analytischen Modelle, die zentralisiert im Data Warehouse-System vorzuhalten sind, kann auch das historische Kundenverhalten einfließen. Die resultierenden Modellergebnisse sind anschließend in verdichteter Form auf das mobile Endgerät zu transferieren. Zur Ermittlung eines solchen Prozesskontexts sind allerdings Daten erforderlich, anhand derer auf den jeweiligen Prozess des mobilen Akteurs geschlossen werden kann und die mithilfe einer geeigneten Sensorik zu erheben sind (Schill u. Sprin-ger 2007, S. 305ff.). Ansatzpunkte hierfür liefert etwa das Interaktionsverhalten bei der Nutzung mobiler Endgeräte. So kann etwa der Abruf bestimmter Funktio-nalitäten mobiler Anwendungen (z.B. mobiler CRM-Systeme) auf bestimmte Ent-scheidungssituationen hindeuten. Solche nutzungsbezogenen Informationen kön-nen aufbereitet und in Verbindung mit physikalischen Informationen (Ort, Zeit) interpretiert werden, um auf den vorliegenden Entscheidungsprozess zu schließen. Diese Interpretation kann technisch mithilfe von Regelmanagementsystemen (Bu-siness Rule Management Systems, BRMS) umgesetzt werden, die bei Vorliegen bestimmter, sensorisch fassbarer Sachverhalte entsprechende Steuerungsanwei-sungen auslösen (Grob et al. 2008). Welche dieser Kontextklassen zur Adaption mobiler BI-Anwendungen sinnvoll sind, ist auch davon abhängig zu machen, welche strategische Bedeutung der je-

86 Bensberg, F.

weilige Entscheidungsprozess besitzt und mit welcher Frequenz er ausgeführt wird. So wird die Auswertung kontextbezogener Informationen von BI-Komplettlösungen derzeit nur in sehr begrenztem Umfang unterstützt. Infolge-dessen ist eine Kontextualisierung von BI-Anwendungen noch mit einem hohen Entwicklungsaufwand verknüpft. Dieser Entwicklungsaufwand ist den zu erwar-tenden Effizienz- und Effektivitätssteigerungen gegenüberzustellen, sodass die Po-tenziale des Mobile BI nach Maßgabe von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen er-schlossen werden.

4 Zusammenfassung

Mit dem Konzept des Mobile BI steht ein weiterer Baustein zur informationstech-nischen Unterstützung des Mobile Marketing zur Verfügung. Der Schwerpunkt bei der aktuellen Umsetzung dieses Konzepts ist in der Mobilisierung des betrieb-lichen Berichtswesens zu sehen, womit primär Effizienzvorteile erzielt werden können. Hierfür stehen ausgereifte BI-Softwarelösungen zur Verfügung. Weiter-führende Potenziale gehen jedoch aus der Kontextualisierung mobiler BI-Anwendungen hervor, die mithilfe von Standardsoftwareprodukten bislang nicht umfassend realisierbar sind. Durch Berücksichtigung des Prozesskontexts können BI-Systeme an die situativen Aufgaben der Entscheidungsträger angepasst werden. Dies eröffnet die Möglichkeit, im Zusammenspiel mit den umfassenden Datenbeständen von Data Warehouse-Systemen innovative Problemlösungsver-fahren umzusetzen und nahtlos in mobile Entscheidungsprozesse zu integrieren. Voraussetzung hierfür ist allerdings eine prozessorientierte Gestaltung von BI-Systemen, die sich an der strategischen Bedeutung betrieblicher Entscheidungs-prozesse zu orientieren hat. Im Rahmen eines solchen entscheidungsprozessorien-tierten Ansatzes ist systematisch zu untersuchen, für welche Prozesse und mithilfe welcher Daten bzw. Analysetechnologien letztlich strategische Konkurrenzvortei-le im Mobile Marketing erzielt werden können (Davenport 2006, S. 98ff.). Literaturverzeichnis

Becker J, Kahn D (2005): Der Prozeß im Fokus, in: Becker J, Kugeler M, Rosemann M, Pro-zessmanagement – Ein Leitfaden zur prozessorientierten Organisationsgestaltung, 5. Aufl, Berlin 2005, S 3-16

Bensberg F (2001): Web Log Mining als Instrument der Marketingforschung – Ein systemgestal-tender Ansatz für internetbasierte Märkte, Wiesbaden

Bensberg F (2008): BI-Portfolioplanung – Handlungsfelder und methodische Aspekte, in: Bich-ler M et al. (Hrsg), Multikonferenz Wirtschaftsinformatik 2008, Berlin, S 129-140

Bruhn M (2007): Marketing – Grundlagen für Studium und Praxis, 8. Aufl, Wiesbaden Büchner A (2004): Context Mediation among Knowledge Discovery Components, Boca Raton Davenport T H (2006): Competing on Analytics, in: Harvard Business Review, 84, 1, S 98-107

Mobile Business Intelligence 87

Derballa V, Pousttchi K (2004): Extending Knowledge Management to Mobile Workplaces, in: Janssen M, Sol H G, Wagenaar R W (Hrsg), Proceedings of the 6th international Conference on Electronic Commerce, New York, S 583-590

Eckerson W W, Sherman R P (2008): Strategies for Managing Spreadmarts – Migrating to a Managed BI Environment, in TDWI (Hrsg), Best Practices Report, Renton

Few S (2005): Dashboard Design: Taking a Metaphor Too Far, in: DM Review, 15, 3, S 18, S 67 Grob H L, Bensberg F (2007): Entscheidungstheorie und Entscheidungsunterstützungssysteme,

Münster Grob H L, Bensberg F, Coners A (2008): Regelbasierte Steuerung von Geschäftsprozessen –

Konzeption eines Ansatzes auf Basis von Process Mining, in: WIRTSCHAFTS-INFORMATIK, 50, 4, im Druck befindlich

Grob H L, Holling H, Bensberg F (2008): Personalisierung von EUS für Entscheidungsprozesse von Experten – Gestaltungspotenziale des Recognition-Primed Decision-Modells, in: Grob H L (Hrsg), Arbeitsbericht Nr 31 der Reihe Computergestütztes Controlling, Münster

Hahn D, Hungenberg H (2001): PuK – Wertorientierte Controllingkonzepte – Planung und Kon-trolle, Planungs- und Kontrollsysteme, Planungs- und Kontrollrechnung, 6. Aufl, Wiesbaden

Kemper H-G, Mehanna W, Unger C (2006): Business Intelligence – Grundlagen und praktische Anwendungen, 2. Aufl, Wiesbaden

Nicolas L (2008): Using Technology to Support a Mobile Workforce, in: What Works – Best Practices in Business Intelligence and Data Warehousing, 25, S 34

Schill A, Springer T (2007): Verteilte Systeme - Grundlagen und Basistechnologien, Berlin Steria Mummert Consulting AG (2006): Business Intelligence Studie 2006 (biMA® 2006) – Wie

gut sind die BI-Lösungen der Unternehmen im deutschsprachigen Raum?, BI-Benchmarking Studie 2006, Düsseldorf

Stölzle W (1999): Industrial Relationships, München Vetschera R (1995): Informationssysteme der Unternehmensführung, Berlin


Recommended