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Der Kormoran Phalacrocorax carbo sinensis im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen...

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DerKormoranPhalacrocoraxcarbosinensisimdeutschsprachigenRaumundindenNiederlandenzwischen800und1800

ARTICLE·JANUARY2013

READS

86

4AUTHORS,INCLUDING:

MarcusBeike

2PUBLICATIONS1CITATION

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ChristofHerrmann

LandesamtfürUmwelt,Naturschutz…

17PUBLICATIONS8CITATIONS

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RagnarKinzelbach

UniversityofRostock

87PUBLICATIONS566CITATIONS

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VogelweltDie

134. Jahrgang 2013Beiträge zur Vogelkunde Heft 4

AULA-Verlag

Das Vorkommen der Sperbereule in Deutschland

Der Kormoran im deutsch sprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

Kleiber bebrütet Schneckengehäuse

VOGELWELT 134: 233–261 (2013) 233

Der Kormoran Phalacrocorax carbo sinensis im deutsch sprachi-gen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

Marcus Beike, Christof Herrmann, Ragnar Kinzelbach & Jan de Rijk

Beike, M., C. Herrmann, R. Kinzelbach & J. de Rijk 2013: The Great Cormorant Phalacrocorax carbo sinensis in the German-speaking area and in The Netherlands between 800 and 1800. Vogelwelt 134: 233–261.

The earliest written documents from the German-speaking area related to the Great Cormorant (Cormorant hereafter) date to the 9th century. They give evidence that the Cormorant at that time obviously was well known around Lake Constance. There are numerous documents from the following centuries allowing conclusions concerning distribution and abundance of the species. The texts of Albertus Magnus give the earliest indications concerning the location of breeding sites in Pomerania (probably around Szczecin). The first information with precise refer-ence to breeding colonies dates to the year 1377, when Emperor Karl IV gave order to destroy Cormorant colonies in the vicinity of Wrocław (Silesia). In The Netherlands, the Cormorant has been a permanent breeding bird since at least the 15th century.The historical sources give evidence that distribution and abundance of the Cormorant were subject to considerable spatio-temporal changes. Breeding colonies are documented for The Netherlands, Silesia, NE Germany (Brandenburg, Mecklenburg) as well as for the eastern Baltic area (East Prussia, Curonian Spit, Livonia). For central and southern Germany, including the Alps and the foothills of the Alps, the regular presence of the Cormorant is well documented, but the historical documents do not give clear information whether the species occurred exclusively as a migrant or also as a breeding bird; doubtless evidence for breeding colonies is missing. The factors which likely have influenced distribution and abundance of the Cormorant in the past – and continue to do so in the presence – are discussed. Beside natural factors (climate change), anthropogenic factors (both favourable and adverse), such as the installation of artificial ponds with high abundance of fish (fish ponds in medieval times, abandoned extraction pits, often stocked with fish for angling purposes in recent times), improved food supply as a conse-quence of eutrophication, and last, but not least, the strong, long-lasting persecution in most of its range (with The Netherlands being an exception) are obviously of decisive importance. From the 1950s to 1970s, the contamination of the environment with harmful substances such as DDT and PCB seemingly also had a severe impact. Hence, the current distribution and abundance of the Cormorant cannot be seen as a recovery of the species to historically existing conditions; it is rather the result of today’s environmental situation, which is extremely different to the condi-tions prevailing at any time during the last 1200 years.

Key words: Cormorant, Phalacrocorax carbo sinensis, historical references 800–1800, German speaking area, The Netherlands, historical distribution and abundance, natural and anthropogenic environmental change.

1. EinleitungAls Ergebnis intensiver Verfolgung war der Kormoran Phalacrocorax carbo sinensis zum Beginn des 20. Jh. aus weiten Teilen seines baltischen und westeuropäischen Siedlungsareals verschwunden. Lediglich in den preu-ßischen Provinzen Pommern, Ost- und Westpreußen sowie in den Niederlanden bestanden noch einige wenige Brutplätze (Herrmann 2011). Infolge von Schutzmaß-nahmen, zunächst durch Großgrundbesitzer, auf deren Gebiet sich die letzten Kolonien befanden, später auch durch gesetzliche Bestimmungen, wurde der Kormoran vor der Ausrottung bewahrt. In den 1930er und 1940er

Jahren gelang ihm eine Rückkehr in Teile seines eins-tigen Siedlungsareals, u. a. nach Dänemark (1938) und Schweden (1948; Bregnballe et al. 2009, Herrmann et al. 2011). Anfang der 1960er Jahre umfasste der baltische und westeuropäische (holländische) Brutbestand nur noch ca. 4.000 Paare, von denen mehr als die Hälfte in Deutschland und Polen brütete. Obwohl die Verfolgung nunmehr stark eingeschränkt war (es fanden nur noch vereinzelte Abschüsse zur Bestandsbegrenzung statt), stagnierte der Kormoranbestand bis Anfang der 1980er Jahre. Diese Stagnation war offensichtlich durch die hohe

234 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

Belastung der Umwelt mit Pestiziden, insbesondere DDT und PCB, bedingt (Herrmann 2012a). Mit dem schritt-weisen Verzicht bzw. Verbot des Einsatzes von DDT in Europa ab Anfang/Mitte der 1970er Jahre setzte eine rasante Bestandsentwicklung ein: Im Ostseeraum nahm der Brutbestand des Kormorans von ca. 5.000 BP im Jahr 1980 auf ca. 167.700 BP im Jahr 2012 zu. Gleich-zeitig erfolgte eine Arealausdehnung bis in den nördli-chen Bottnischen Meerbusen (Herrmann et al. 2011, Bregnballe et al. 2014). In Deutschland bestanden bis in die 1970er Jahre nur an der Ostsee und Nordsee sowie im nordostdeutschen Binnenland Kormorankolonien. Ab 1977 erfolgte zunächst eine zögerliche, ab Ende der 1980er Jahre eine rasche Ausbreitung über das gesamte Territorium der Bundesrepublik (Kieckbusch & Knief 2007, Herrmann 2007, Kieckbusch et al. 2010). Im Zuge dieser Ausbreitung entstanden auch Kolonien in Gebieten, in denen der Kormoran bis dato als Brutvogel unbekannt war und für die auch mit den bekannten his-torischen Quellen keine sicheren Brutvorkommen aus länger zurückliegenden Zeiten belegbar waren (u. a. im Voralpen- und Alpenraum, einschließlich der Schweiz). Diese Entwicklung führte zu kontroversen Diskussio-nen, die teilweise in der Behauptung gipfelten, dass der Kormoran eine aus China eingeschleppte invasive Art und als solche zu bekämpfen sei. Auch wenn derartige Diskussionen jeglicher sachlichen Grundlage entbehren (Kinzelbach 2010, Beike 2014), stellt sich die Frage, ob die Ausbreitung des Kormorans im mittel- und westeu-ropäischen Binnenland zum Ende des 20. Jh. ein völlig neues Verbreitungsmuster darstellt oder ob sie eher als Wiederbesiedlung des historischen Verbreitungsareals anzusehen ist, welches lediglich durch jahrhunderte-lange Verfolgung stark reduziert war.

Die vorliegende Arbeit versucht, auf der Grundlage einer möglichst umfassenden Erschließung, Interpreta-tion und Wertung historischer Schriftquellen das Ver-breitungsbild des Kormorans zwischen 800 und 1800 zu rekonstruieren. Die gewählte zeitliche Eingrenzung beruht auf der Tatsache, dass für den deutschsprachi-gen Raum schriftliche Überlieferungen mit Bezug zum Kormoran ab dem 9. Jh. vorliegen. Für das 19. und 20. Jh. gibt es bereits detaillierte Darstellungen zur Geschichte des Kormorans in den Kernbereichen seines damaligen Verbreitungsgebietes in Deutschland (u. a. Herrmann 2011), so dass für diesen Zeitraum auf die vorhandene Literatur verwiesen werden kann.

Der Bearbeitungsraum umfasst das deutschspra-chige Gebiet, das in der Geschichte zahlreiche poli-tisch-geographische Veränderungen erfuhr. Es schließt Gebiete mit ein, die heute zu Polen, Litauen, Russland oder Tschechien gehören. Ergänzend zum deutsch-sprachigen Raum werden die Niederlande mit in die Analysen einbezogen. Hinsichtlich der Verbreitung im Ostseeraum wird zudem eine Quelle aus Kopenhagen berücksichtigt.

2. Material und MethodenAls Grundlage für die Recherche wurden zunächst alle wis-senschaftlichen und volkstümlichen Namen für den Kormo-ran aus bisherigen Publikationen gesammelt (Kinzelbach 2010). Diese wurden in Internetsuchmaschinen eingegeben. Auf diese Weise wurde ein Komplex von Quellen erschlossen, in dem weitere Bezeichnungen für den Vogel auftauchten, mit denen ebenso verfahren wurde. Aus den so erarbeiteten Materialien wurden die relevanten Informationen heraus-gefiltert. Sofern die Autoren ihre Quellen nannten, wurden deren Digitalisate im Internet recherchiert bzw. es wurden aus den betreffenden Archiven oder Bibliotheken analoge Kopien beschafft. Diese Methode setzte sich meist über meh-rere Quellen hinweg fort.

Als wertvoll erwiesen sich sprachgeschichtliche Wörter-bücher, sowohl lokale wie auch überregionale, wie z. B. das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm (Grimm & Grimm 2001), das eine große Vielfalt mittel- und frühneuhochdeut-scher Begriffe enthält und alte Volksnamen für den Kormo-ran anhand historischer Belege erklärt. Ähnliche Ergebnisse brachte das Studium des Schweizerischen Idiotikons (Schwei-zerisches Idiotikon online 2014). So ließ sich ein Kom-plex von mehr als hundert Quellen recherchieren, die dieser Arbeit zugrunde liegen.

Bei manchen Nachweisen wurden Plausibilitätsprüfun-gen notwendig, z. B. durch Bewertung der Örtlichkeit und ihrer Biotope auf Tauglichkeit für den Kormoran anhand von Satellitenbildern (www.maps.google.de), die ggf. durch Nachfragen bei lokalen Heimatforschern und Naturschutz-verbänden ergänzt wurden. Nur Nachweise, die sich als plau-sibel erwiesen, fanden in den Auswertungen Verwendung. Fremdsprachige Texte bzw. solche, die in schwer verständ-lichen Dialekten vorliegen, werden zunächst im Original wiedergegeben und dann ins Neuhochdeutsche übersetzt bzw. übertragen. Wichtige Begriffe, vor allem geographisch relevante Angaben, werden fett dargestellt. Sofern es sich um deutsche Namen von Gebieten bzw. Städten handelt, die heute im Ausland liegen, folgt dem deutschen der heutige Name in der jeweiligen Landessprache in Klammern.

Neben direkten Nachweisen in Schriftdokumenten wur-den weitere Informationsquellen wie z. B. die Etymologie von Vogelnamen im Volksmund oder die Geschichte von Fami-lien- und Ortsnamen genutzt. Die Interpretation derartiger Quellen erfordert umfangreiche Kenntnisse der betreffenden Sachgebiete, um eventuell enthaltene faunistische Informa-tionen überhaupt als solche erkennen und korrekt bewerten zu können. Zu diesem Zweck wurden gezielt Fachleute kon-sultiert (s. Danksagung).

3. Ergebnisse3.1 Mittelalterliche QuellenDer Kormoran in althochdeutschen GlossenSchon in den frühesten Schriftzeugnissen der deutschen Sprachgeschichte, den althochdeutschen Glossenhand-schriften, finden sich zahlreiche Erwähnungen des Kor-morans. Die Glossen zielten darauf, den Gläubigen für unbekannte Bibelbegriffe einen geläufigenAusdruck zu bieten und ihnen dadurch ein besseres Verständnis der Bibeltexte auf der Sachebene zu ermöglichen (Stein-

VOGELWELT 134: 233–261 (2013) 235

meyer & Sievers 1879). Der Kormoran erscheint in den Glossen erstmals in der ersten Hälfte des 9. Jh., höchstwahrscheinlich zwischen 840 und 850. Walah-frid Strabo (808/809-849), Abt des Klosters Reiche-nau auf der gleichnamigen Bodenseeinsel, verwendete ihn als Glosse für den „mergulus“, einen der „unreinen“ Vögel aus dem Buch Leviticus der Vulgata-Bibel, der im Mittelalter verbreitetsten Version der Heiligen Schrift. Walahfrid beschrieb den Kormoran, den er hier als „alacra“=Aalkrähe bezeichnet, in seiner freien Wieder-gabe des Leviticuskommentars des Hrabanus Maurus als einen „schwarzen Vogel, der ins Wasser eintaucht, um an Fisch zu gelangen... Er steht für jene, die in der Taufe wiedergeboren sind aber nach den niedersten Begierden der Welt trachten“. Die Verwendung des Kormorans in den Glossen ist ein Beleg dafür, dass der Vogel zu jener Zeit zumindest im Bodenseeraum allgemein bekannt gewesen sein muss.

Notker LabeoNotker Labeo (~950 – 1022) liefert den bislang frü-hesten faunistischen Schriftnachweis für den Kormoran mit geographischem Bezug. Der Benediktinermönch war Leiter der Klosterschule zu St. Gallen. Eines seiner berühmten Werke ist die Auslegung und Erklärung des Psalters auf Grundlage des Kommentars des römischen Gelehrten Cassiodor (~485 – ~580; Henrici 1878). Notker verwendete für seine Schüler die Methode der Glossen auf literarisch hohem Niveau (Grotans 1998).

Im siebten Vers des Psalm 101 (nach Zählung der Vulgata) steht:

„...similis factus sum pelicano solitudinis...“

„...ich bin gleich beschaffen dem Pelikan der Ein-öde...“

Notker Labeo verbindet in seinem Text die Überset-zung des Psalms mit dessen Auslegung (Piper 1883):

„Vone suftoda unde fone charo bin ih so mager samaso pellicanus. der in egipto fliuget in dero ein-ote dero aha nili. den phisiologi zihent daz er nieht des neuerdeuue des er ferslindet. nieht mera danne hie in disen seuuen diu scarba.“

„Von den Seufzern und von der Trauer bin ich so mager, gleich dem Pelikan, der in Ägypten in der Ein-öde des Flusses Nil fliegt. Die Naturkundigen berich-ten, dass er das, was er verschlingt, nicht verdaut, nicht anders als hier in diesen Seen die Scharbe.“

Die Aussage der Naturkundigen hat er von Cassiodor übernommen. Der letzte Halbsatz, der den erklärenden Vergleich mit dem Kormoran beinhaltet, stammt hin-gegen von Notker selbst (Henrici 1878). Vermutlich spricht er hierbei vom nahen Bodensee, dessen noch

heute existierende Unterteilung bei ihm zum Plural Seen geführt haben dürfte. Jedoch ist nicht ausgeschlossen, dass er auch andere Gewässer seiner weiteren Umge-bung wie z. B. den Zürichsee meinte. Für die Erläuterung des den Schülern unbekannten Pelikans zog Notker beachtlicherweise den tatsächlich nahe verwandten Kor-moran heran, der diesen daher geläufig gewesen sein muss. Hierfür ist nur ein entsprechend regelmäßiges Auftreten des Kormorans als Hintergrund plausibel, wel-ches Beobachtungen des arttypischen Jagd- und Fress-verhaltens ermöglichte. Eine ähnliche Darstellung des „magenlosen“ Kormorans findet sich noch Jahrhunderte später u. a. im Traugemundslied (Uhland 1844).

Hildegard von BingenUm 1155 verfasste Hildegard von Bingen das Liber simplicis medicinae, auch Physica genannt, eine Lehr-schrift, die den medizinischen Nutzen verschiedener Tiere, Pflanzen etc. beschreibt (Throop 1998). Über den Kormoran berichtet sie:

„Alkreya plus frigida est quam calida, et mundis et quibusdam venenosis pascuis vescitur, et interdum etiam infirmos pisces comedit. Et caro eius nec sanis nec infirmis hominibus ad comedendum valet, sed qui sani sunt, superare possunt, infirmis autem obest. Et medicina in ea non est.“„Die Aalkrähe ist mehr kalt als warm, und sie ernährt sich von reinem und gewissem giftigem Futter, und manchmal verzehrt sie auch kranke Fische. Und ihr Fleisch taugt weder für gesunde noch für kranke Men-schen zum Verzehr, aber die gesund sind, können es überleben, den Kranken aber schadet es. Und ein Heilmittel ist nicht in ihr.”

Hier sind in den Anmerkungen zur Reinheit der Fische Spuren des Physiologus erkennbar (die vielleicht auf Umwegen über ein Bestiarium eingeflossen sind, Treu 1987), einer aus dem 2. Jh. stammenden christlichen Deutung der Natur, die außer an dieser Stelle vor allem in Hildegards Kapiteln über den Strauß und den Pelikan auffallen. Bei der alkreya entstammen ihre Deutungen bemerkenswerterweise dem Physiologus-Kapitel über den Ibis, den die Angelsachsen in ihren theologischen Schriften mit dem Kormoran glossiert hatten, was evtl. auf ein englisches Bestiarium als Vor-lage für Hildegards Text hinweist. Ein Kapitel über den unspezifischen mergulus oder gar den Kormoran existiert im heute überlieferten Physiologus nicht. Dort wird über den Ibis gesagt (Treu 1987):

„Ein nach dem Gesetz unreines Tier ist der Ibis. Schwimmen kann er nicht, sondern er lebt an den Ufern der Flüsse und Sümpfe, und er kann nicht ins tiefe Wasser, wo die reinen Fische wohnen, sondern nur dorthin, wo die unreinen Fischlein hausen.“

236 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

Ein faunistischer Nachweis ist bei isolierter Betrach-tung von Hildegards Kapitel über den Kormoran nicht ableitbar, er ergibt sich jedoch aus dem Vergleich mit den anderen Abschnitten über Vögel. Die Namen, die Hildegard für diese verwendet, lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Lateinisch und Deutsch. Ers-tere machen den weitaus kleineren Teil aus und bezie-hen sich auf ihr bekannte Arten, die zwar an Höfen gehalten wurden, in Europa jedoch nicht natürlicher-weise vorkamen, so dass der Volksmund für sie keine deutschen Namen kannte. So benennt sie bspw. den Halsbandsittich als psittacus und den Pfau als pavo mit ihren lateinischen Namen. Vogelarten, die hingegen allgemein bekannt waren und einen deutschen Namen besaßen, werden von Hildegard auch unter diesem besprochen. Die Verwendung des Begriffes „alkreya“ ist daher als Beleg anzusehen, dass der Kormoran in Hildegards Heimat, Bingen am Rhein, auftrat. Ob er hier brütete oder nur auf dem Zuge oder als Win-terrastvogel in Erscheinung trat, erschließt die Quelle allerdings nicht.

Albertus MagnusDas umfangreichste mittelalterliche Material zum Kor-moran, das bis heute erhalten ist, stammt von dem in Köln wirkenden christlichen Gelehrten Albertus Magnus (um 1200–1280), in dessen berühmtem Werk De animalibus (fertiggestellt zwischen 1258 und 1262/63; Albertus-Magnus-Institut 2011) gleich mehrere Passagen zum Kormoran zu finden sind. Das Werk stellt die Summe des damaligen Wissens zur Natur dar (Kinzelbach 2008). Aiken (1947) hat in einem detaillierten Vergleich belegt, dass sich Alber-tus dabei zu einem Großteil aus dem Liber de natura rerum seines aus Brabant stammenden Schülers Tho-mas von Cantimpré (1201–1272) bedient hat, welches spätestens 1240 fertiggestellt wurde. Der inhaltliche Vergleich dieser beiden Werke ermöglicht es, nach Identifizierung weiterer Quellen (Aristoteles, Pli-nius d.Ä., Isidor von Sevilla, Physiologus etc.; siehe auch Balss 1928) die Texte von Albertus Magnus im Hinblick auf faunistische Nachweise umfassender zu bewerten, da sich so mögliche Eigenbeobachtungen durch Albertus aus seiner Kompilation fremder Texte herauslösen lassen. Albertus' eigene Zusätze und Ver-änderungen werden in Fettdruck, die Übernahmen aus seinen Vorlagen normal dargestellt.

„Charchates est avis nigra de genere mergorum quae submersa aquis continet spiritum ad spatium quo homo velox ambulare potest miliare geometricum, et est avis multum nocens piscibus et vorax.“

„Der Charchates ist ein schwarzer Vogel aus dem Geschlecht der Taucher, der untergetaucht so lange im Wasser verweilt, wie ein schneller Mensch Atem für die Strecke einer geometrischen Meile hat, und der Vogel ist den Fischen sehr schädlich und gefräßig.“

Die ursprüngliche Vorlage zu diesem Text ist der Catarrhactes des Aristoteles, der damit vermutlich gar nicht den Kormoran meinte. Thomas von Can-timpré jedoch interpretierte ihn als solchen, was von Albertus übernommen wurde. Während Thomas über religiöse Aspekte referierte, blieb Albertus allerdings bei den „harten Fakten“ und fügte der auf Aristoteles zurückgehenden Schilderung des ausgeprägten Tauch-vermögens Angaben zur „Schädlichkeit“ und „Gefräßig-keit“ des Kormorans hinzu. Diese Wortwahl enthält eine deutliche Wertung, ihre Anwendung ist auf Organis-men beschränkt, deren Habitus dem Menschen wider-strebt. Im 11. Jh. begannen Mönche mit der Anlage von Fischteichen, um die stellenweise über 200 fleischfreien Fastentage pro Jahr nicht nur rein pflanzlich verleben zu müssen. Albertus Magnus' wertende Beschreibung der „Schädlichkeit“ des Vogels weist daher auf Probleme der fischzüchtenden Mönche mit dem schwarzen Fisch-jäger hin, die schließlich zu Bekämpfungsmaßnahmen führten, wie sie ab dem 14. Jh. belegt sind (s. u.). Hinzu kommt die deutliche Bevölkerungszunahme bis 1300 (Fossier 2008), welche die Konkurrenzsituation noch verschärft haben dürfte.

Albertus Magnus hat eine weitere Textstelle zum Kormoran von Thomas von Cantimpré übernom-men und modifiziert (Stadler 1916):

„Morfex avis est aquatica quae scolucherem vocatur: nigra est et rostrum habet serratile et forte et ungues fortes et mergitur sub aqua et capit pisces magnos et praecipue anguillas et gregatim nidificat in arbo-ribus iuxta aquam et pascit pullos piscibus, et sunt voraces: et dicitur de eis quod quando avolare debent a nido, si sentiunt nimis gravari cibis de novo sump-tis, evomunt eos ut leves fugiendo volare possunt: et qui non evomunt, aliquando pereunt. Stercus autem huius avis siccat arbores in quarum ramis cadit. Haec avis saturata expandit alas ad solem insidens palis et arboribus ut siccentur, et quando incipit volare, vix elevatur et caudam diu in aqua ducit: unde et a quibusdam humidus culus vocatur.“

„Der Morfex ist ein Wasservogel, der Scolucher genannt wird: er ist schwarz und hat einen kräftigen und gezackten Schnabel und starke Krallen und er taucht ins Wasser und fängt große Fische und vor allem Aale und er nistet scharenweise in Bäumen am Wasser und zieht seine Jungen mit Fischen auf, und sie sind gefräßig: und es wird von ihnen gesagt, dass, wenn sie vom Nest weg fliegen wollen, sie ihre übermäßige Nahrung bemerken und diese ausspeien, damit sie leicht flüchten können: und die, die nicht ausspeien, sterben letztlich. Des Weiteren trocknet der Kot dieser Vögel die Bäume aus und deren Äste sterben ab. Dieser Vogel breitet, wenn er gesättigt ist, auf Pfählen oder Bäumen sitzend die Flügel in der Sonne aus, um sie zu trocknen, und wenn er beginnt zu fliegen, erhebt er sich kaum und zieht den Schwanz lange durch das

VOGELWELT 134: 233–261 (2013) 237

Wasser: und daher wird er von manchen Feuchtarsch genannt (=“humidus culus“, zur Übersetzungsproble-matik siehe Beike 2012 – d. Verf.).“

Auffällig ist, dass Albertus seinem Morfex (von mor-tificare = töten; Beike 2012) einen Namen aus dem Volksmund (hier scolucher) zuweist, was in der Vor-lage von Thomas von Cantimpré nicht der Fall ist. Ferner ergänzt Albertus dessen Beschreibung um die Eigenart, die Flügel auf Pfählen oder Bäumen sitzend auszubreiten. Der Name scolucher findet sich leicht ver-ändert noch an anderer Stelle (Stadler 1916):

„Est tamen in nostris climatibus avis aquatica nigra, quae est venans pisces in fluminibus et maribus, et facit magnum nocumentum in eis, sed est cinericia in pectore et ventre et est tardi volatus et diu manet sub aqua quando mergitur, et habet rostrum dentatum sicut dentata est falx messorum, et ipso retinet pisces lubricos sicut anguillam: et habet hoc quod quando in arbore sedet, rami quos saepius inficit stercus eius, arescunt: et hoc facit etiam stercus ardeae et fere omnium avium aquaticarum: et hanc quidam vocant corvum aquaticum, sed in Germanica lingua schaluchern vocatur, et non pullificat in hyeme, sed in vere cum aliis avibus. Nidum autem facit in arbore alta et magna iuxta aquam piscosam.”

„Es gibt aber in unseren Gegenden einen schwarzen Wasservogel, der in Flüssen und Meeren Fische jagt, und unter diesen großen Schaden anrichtet, er ist aschefarben an Brust und Bauch und er ist von lang-samem Flug und er bleibt lange unter Wasser, wenn er taucht, und er hat einen gezähnten Schnabel wie eine gezähnte Erntesichel, und damit hält er glatte Fische wie Aale fest: und er hat die Eigenschaft, dass, wenn er sich auf Bäume setzt, die Äste, die er mit seinem Kot benetzt, vertrocknen: und dies geschieht auch durch den Kot der Reiher und fast aller Was-servögel: manche nennen diesen Wasserrabe, aber inder deutschen Sprache wird er Schaluchern genannt, und er nistet nicht im Winter, sondern im Früh-ling mit den anderen Vögeln. Das Nest macht er in hohen Bäumen und in großer Nähe zu fischreichen Gewässern.“

Die Identifizierung der eigenen Zusätze des Alber-tus erlaubt den Rückschluss, dass er seine Beobach-tungen im nordöstlichen Niederdeutschland angestellt hat, denn für den Raum Stettin ist der volkstümliche Name Schalucher noch rund 450 Jahre später belegt (Rudbeck 1705). Dabei handelt es sich entgegen seiner Aussage wohl nicht um einen deutschen Namen, son-dern um eine slawische Lehnform einer bislang nicht sicher rekonstruierbaren deutschen Bezeichnung, die möglicherweise für Tauchvögel im Allgemeinen ver-wendet wurde (Beike 2012).

In einem weiteren Abschnitt identifiziert er, diesmal korrekt, den „Schwimmvogel Rabe“ des Aristoteles als Kormoran. Er gibt dabei die Aussagen des griechi-schen Gelehrten zum Teil wörtlich wieder (Stadler 1916):

„Aput nos autem sunt anser et anas, mergus varius et merguli nigri et mergus magnus niger, qui a qui-busdam carbo aquaticus vocatur, et cygnus, et avis magna, quam quidam volmarum vocant, quae habet saccum rubeum ante guttur et pectus, et aliae aves huiusmodi... Et avis quae dicitur foracoz, est quantita-tis avis quae dicitur malargoz, sed crus eius est maius curvum, et habet inter digitos corium, et est nigri coloris, et nidificat super arbores: et hanc vocamus nos carbonem aquaticum, quem vulgariter schol-veren vocant.“

"Bei uns gibt es die Gans und die Ente, den vielfarbi-gen Taucher und kleine schwarze Taucher und den großen schwarzen Taucher, der von manchen Was-serrabe genannt wird, und den Schwan, und einen großen Vogel, den manche Volmar nennen, der vor Kehle und Brust einen roten Sack hat (= Krauskopf-pelikan – d. Verf.), und andere derartige Vögel... Und der Vogel, der Foracoz (= Rabe – d. Verf.) genannt wird, hat die Größe des Vogels, der Malargoz (= Storch – d. Verf) genannt wird, aber dessen Unterschenkel ist stärker gekrümmt, und er hat eine Haut zwischen den Zehen, und er ist von schwarzer Farbe, und nistet auf den Bäumen: und wir nennen diesen Wasserrabe, den sie im Volksmund Scholver nennen.“

Die von Albertus verwendeten Namen Foracoz sowie Malargoz sind die korrumpierten griechischen Bezeich-nungen für „Rabe“ und „Storch“, die in der deutschen Transkription als korax und pelargos wiedergegeben werden können. Albertus musste sich dabei aus einer lateinischen Übersetzung des Aristoteles-Kommen-tars des arabischen Gelehrten Averroës bedienen, da er selbst weder des Griechischen noch des Arabischen mächtig war. Dies führte durch die wiederholte pho-netische Übertragung in verschiedene Sprachen und Schriften zur Entstellung der Namen. Den so übernom-menen Schilderungen des Aristoteles fügt Albertus Magnus einen eigenen, zustimmenden Befund hinzu, in dem er schreibt, dass „wir“ (er spricht von sich oft im Plural) diesen Vogel Wasserrabe nennen und der Volksmund für ihn den Namen Scholver kannte.

Aus Albertus Texten geht hervor, dass der Kor-moran zur Mitte des 13. Jh. in Deutschland ein unter verschiedenen Volksnamen bekannter Vogel war, der für die Fischerei als schädlich angesehen wurde. Die recht präzise Beschreibung des Brütens auf Bäumen in der Nähe fischreicher Gewässer lässt den Schluss zu, dass Albertus Kormorankolonien entweder selbst oder aus Beschreibungen aus erster Hand kannte. Die

238 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

Erwähnung des nur für den Raum Stettin nachweis-baren Volksnamens Schalucher sowie des Fischens in Meeren weist darauf hin, dass die Beobachtungen, die den Texten zugrunde liegen, wahrscheinlich in Pom-mern zu lokalisieren sind. Als Ordensprovinzial der Dominikaner (ein Amt, welches er von 1254-1257 ausübte; Albertus-Magnus-Institut 2011) reiste Albertus Magnus zu Fuß durch Deutschland, um die ca. 40 Klöster der Ordensprovinz zu visitieren. Dabei gelangte er nachweislich auch nach Pommern, wo er dem damals jungen Kloster Kammin (Kamien Pomor-ski) einen Besuch abstattete (Dörfler 1940).

Kormoranansiedlungen im Spätmittelalter in SchlesienAm 12. Oktober des Jahres 1377 sandte Kaiser Karl IV. eine Order nach Breslau (Wrocław) (Korn 1870):

„Wir Karl, von gotes gnaden romischer keyser zu allen zeiten merer des reichs vnd kunig zu Behem (=Böhmen – d. Verf.), embieten dem hawptmanne oder wer an siner stat ist, dem rate vnd burgern gemeinlichen der stat zu Breslaw, vnsern lieben getrewen, vnsir gnade vnd allis gut. Lieben getrewen! Wann die wasserra-ben, als wir vornomen haben, in dem wassir grossen schaden tun an den vischen, gebieten wir euch ernst-lichen vnd wollen, daz ir bestellen sullet in dem lande, wo dieselben wassirraben sein vnd ire genyste haben, daz man sie tote vnd tilge, vnd lasset gebieten vff den merkten, das man das tu, vnd ab yemand dowider wolte seyn, dan sal man bessern noch deme, als euch selbir dunken wirdet, daz das redlichen sey, also daz man sie nicht mehr hege. Geben zu Tangermund des montags vor sante Gallen tag vnsir reiche in dem xxxii vnd des keysertums in dem xxiii iaren.

De mandato domini imperatoris de Poznania Nicolaus“

Das Schreiben stellt den frühesten bislang bekannten Beleg für die Existenz einer Brutkolonie mit geogra-phischem Bezug (Raum Breslau) dar.

Ungeachtet dieser kaiserlichen Anordnung hielten sich die Kormoranansiedlungen bei Breslau offenbar über einen recht langen Zeitraum. Denn 54 Jahre spä-ter – im Jahre 1431 – geloben zahlreiche Amts- und Würdenträger, Kormorane und Reiher konsequent zu verfolgen und das Brutgeschehen zu unterbinden. Im Unterschied zum Schreiben Karls IV. enthält dieser Text eine genaue Ortsangabe für den Brutplatz. Gleich-zeitig weist er auf eine Mischkolonie von Kormoranen und Graureihern Ardea cinerea hin (Klose 1781).

„Wir Ratmanne – bekennen – das wir mit unsern Scheppen, Eldesten und Gesworn, mit dem Kauf-manne und der ganzen Gemeine, mit den Prälaten und Kapitel der Kirchen zu sante Johannes alhie von unsers Herrn des Bischofs und von iren wegin, mit

dem Hochgeb. Fürsten Herzoge Kunrad, Cantener genant, Herrn zu Olsen &c. und mit der ganzen Man-schaft des Fürstentums und Landes alhie zu Breslau ganz eine worden sind, und eintrechtiglichen miten-ander obirtragen haben, das man die Wasserraben und Reyer zu Ronenberg, und andirswo im Lande, wo die nisten, alle Jar tilgen, und grüntlichen vertreiben sal, und die geniste genzlichen storen, das sie nicht gehecken mogen; und das die fürbasmer den Landen, und dem gemeinen nutze zu schaden nymands hegen noch leiden sal, und das haben die Rathmanne globt vor sich und ire nachkomen Ratmanne bei irem eyde alle Jar stete und ganz zu halden und zu volfüren ane arg. 1431.“

Bei dem erwähnten Dorf Ronenberg handelt es sich um Romberg (Samotwór; Knie 1845), ca. 15 km westlich von Breslau an der Schweidnitzer Weistritz (Bystrzyca) gelegen. In der Nähe fließt das Striegauer Wasser (Strzegomka) zu. Satellitenbilder im Internet (Google Earth 2014) zeigen verschiedene Altarme der beiden noch heute mäandrierenden und verästelten Flüsse. Im Jahr 1272 ist hier „Fischerei im großen Flusse“ bezeugt (Grünhagen 1875). Etwas südlich, beim Dorf Schal-kau (Skałka), wird bereits im Jahr 1310 ein Fischteich erwähnt (Grünhagen & Wuttke 1892). Spätestens im 13. Jh. wurden nur ca. 40 km nördlich davon bei Trachenberg (Zmigrod) und Militsch (Milicz) solche Zuchtteiche in großem Ausmaß angelegt (Anonymus 1940), was das dortige Gebiet zu einem der größten Teichgebiete in Europa machte. Für die Zeit um 1600 (Schwenckfeldt 1603, siehe unten) sowie im 19. Jh. (Grube & Römer 1864, Ausschuss für Beobach-tungsstationen der Vögel Deutschlands 1880) sind hier ebenfalls Brutkolonien belegt. Dieses Teich-gebiet könnte ein Standort für Kolonien „andirswo im Lande“ gewesen sein.

In beiden Quellen wird strengstens darauf hinge-wiesen, dass die Kolonien nicht länger „gehegt“ werden dürfen. Der bis dato offenbar praktizierte Schutz der Kolonien diente zweifelsohne jagdlichen Interessen. Vor allem Graureiher zählten im Mittelalter zur Hohen Jagd, die dem Adel vorbehalten war. Friedrich II. schil-dert dies in seinem Falkenbuch De arte venandi cum avibus (Kinzelbach 2008). Das Gelöbnis zahlreicher Würdenträger von 1431, die Reiher und Kormorane nicht länger hegen zu wollen, lässt einen ebensolchen Hintergrund auch für die Kormorane feststellen, die offenbar mit den Reihern in Mischkolonien brüteten. Auch in den Niederlanden wurden Kormorankolonien zu jener Zeit gehegt.

Bei- und Familiennamen sowie Flur- und Häuser-namenEine weitere, im Allgemeinen jedoch recht unscharfe Methode der Informationsgewinnung ist die Unter-suchung der in der Regel im Mittelalter entstandenen

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Familien-, Flur- und historischen Häusernamen (Beike 2012). So ist der Name Wasserrab(e) aus Schlesien und dem angrenzenden Sudetenland bekannt, was räumlich zu den oben genannten überlieferten Brutvorkommen in Schlesien passt. Erstmals ist er 1331 als Beiname eines Adligen aus dem Breslauer Umland nachweisbar (Grünhagen & Wuttke 1903).

Namen, die vom Kormoran abgeleitet sind, exis-tieren vor allem in Norddeutschland (Scholwer Wer-der in der Inselmitte Rügens, Ewe 1962, Scholwer Grube bei Gartz a. d. Oder, Holsten 1963, Scholfer Lake bei Oderberg, Lippert 1970). Im Südteil des Breiten Luzin, einem See der Feldberger Seenland-schaft (Mecklenburg-Vorpommern), befindet sich eine Halbinsel mit einer Erhebung, die den Namen Scholverberg trägt. Unweit von diesem Ort liegt am Haussee der Reiherberg. Die beiden Berge mit ihren steilen Abhängen zu den Seen bieten für Brutansied-lungen von Kormoranen und Graureihern zweifels-ohne günstige Voraussetzungen. Es ist möglich, dass die historische Existenz derartiger Kolonien für die Entstehung der Flurnamen ursächlich war. Weitere Flur- und Ortsnamen, die auf den Kormoran zurück-gehen, existieren in Mittel-

(Gersdorf 1864) und

Süddeutschland (Buck 1880) sowie in der Schweiz (Beike 2012, Harder 1868).

Vom Kormoran abgeleitete Häuser- und Famillien-namen finden sich auch in eher weniger zu erwarten-den Gebieten, so z. B. in Regensburg, wo das Wappen des Johann Scharb einen Kormoran zeigt (Anonymus 16./17. Jh.), und in Würzburg, wo im Jahre 1319 ein Haus mit dem Namen „Zum Scharb“ existierte (Heff-ner 1852).

Abb. 1 zeigt die Totentafel des 1608 in Nördlingen/Donauries verstorbenen Christoph Scherb. Scherb ist eine südostdeutsche Dialektform des weitverbreiteten Namens Scharbe (Beike 2012). In dem Familienwap-pen des Verstorbenen werden Kormorane dargestellt.

3.2 Quellen der Frühen NeuzeitSchweiz und Österreich um 1500Nach den Belegen für Brutvorkommen des Kormo-rans in Schlesien Ende des 14. bis Mitte des 15. Jh. stammen die nächsten faunistischen Nachweise aus der Schweiz. Sie stehen ebenfalls im Zusammenhang mit Bekämpfungsmaßnahmen. Es handelt sich um mehrere Prämienauslobungen und -auszahlungen, die für einen nur kurzen Zeitraum nachweisbar sind.

Im Jahr 1484 erhält ein Jäger in Luzern am Vierwald-stättersee 2 ß. (Schillinge) Fanggeld „umb ein Scharben“, und 1504 wird in Rheinfelden Folgendes beschlossen (Schweizerisches Idiotikon online 2014):

„Welicher 1 vischesser schüsst, es sye uf boumen oder wigren (Weihern - d. Verf.), dem soll man geben 2ßd.; item von einem scharben uff der statt wiger 10 d.; item von einem reigel uff der statt wiger 5 d.“

Die ausgelobten Prämien wirken zunächst verwirrend, da 2 Schillinge (ßd.) insgesamt 24 Pfennige (d.) aus-machten. Warum sollte ein Abschuss eines „visches-sers“ an einem beliebigen Ort mehr als das Doppelte eines erlegten Kormorans (bzw. Vierfache eines Rei-hers) auf dem eigentlich als wichtiger einzuschätzen-den Stadtweiher bringen? Die Quelle ist offenbar so zu interpretieren, dass für den Abschuss eines Kormorans oder Reihers auf dem Stadtweiher zusätzlich zu der allgemeinen Prämie von 2 Schillingen eine Zulage von 10 bzw. 5 Pfennigen gezahlt wurde.

Die unterschiedlichen Prämienhöhen lassen dar-auf schließen, dass der Bekämpfung des Kormorans eine höhere Bedeutung beigemessen wurde als der des Reihers. Ein derartiges gesteigertes Interesse an der Verfolgung des Kormorans, verbunden mit dem entsprechenden finanziellen Aufwand, ist nur erklär-bar, wenn man von einem regelmäßigen Auftreten der Art in nennenswerter Anzahl ausgeht. Besonders zu beachten ist die Formulierung „uf boumen“, die sich auf Brutkolonien oder Schlafplätze von Reihern und/oder Kormoranen beziehen dürfte.

Nur zwei Jahre später – 1506 – erhält in Bern der „Schifferlin umb zwen scharben zuo schiessen 5 ß 4 d.“. Im Jahr darauf und ebenda bekommt „Wyermans knecht von einem scharben zuo schiessen hinder dem stettbrun-nen 2 ß.“ und 1510 schließlich gibt man „Dem Tischma-cher mit dem bart von einem reigel und 2 scharbenn zu schiessen 8 ß.“. Auch im nahe gelegenen Burgdorf an der Emme werden „Reigel, Scharben und Stossar“ gefangen (Schweizerisches Idiotikon online 2014).

Abb. 1: Kormorane auf der Totentafel des Johann Christoff Scherb aus Nördlingen im Donauries, gestorben 1608, Stadt-museum Nördlingen. – Cormorants on the grave panel of Chri-stoff Scherb from Nördlingen (Bavaria), who died in 1608.

240 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

1510 wird wegen des Kormorans schließlich ein über-regionales Zusammenwirken organisiert (Schweize-risches Idiotikon online 2014):

„Als dann die scharben den fischen merklichen scha-den tuond, ist beschlossen, das mh. von den dryen stetten (Bern, Freiburg im Üechtland, Solothurn – d. Verf.) einem jeden der iren von einem scharben zuo vachen geben sölten zwen plaphart, also das dem scharben das haupt abgeschlagen soll werden, für den die bezahlung beschechen were.“

Für den Raum Bern lässt sich anhand dieser Quellen mindestens für die Jahre 1506 bis 1510 ein vermehrtes Kormoranvorkommen feststellen, das in der überregi-onalen Kooperation der drei bis zu 50 km voneinander entfernten Städte gipfelte. Die Höhe der Prämien war mitunter beachtlich, was auf weiträumige Schwierig-keiten der Fischerei mit dem Vogel schließen lässt. Ob die Kormorane in diesem Gebiet nun aber brüteten oder lediglich im Herbst und Winter in größerer Zahl einfielen, ist den Quellen nicht zu entnehmen.

In einer nur wenige Jahre später entstandenen Berner Stadtchronik wird der Begriff „Scharbe“ als Beschrei-bung für eigennützige, geld- und machtgierige Men-schen verwendet (Anshelm 1546):

„Der eigennützig G‘walts- und Gelts-Gyt, ein Wurzel aller Laster und Uneinigkeit, hatt‘ ein semliche G‘stalt gewonnen, als ob er ein Tugend sye, die allein, wie die That bezügt, gemeinen Obern und denen, so da Gunst von ihnen haben, auch so wohl zustande, daß welcher im gemeinen Regiment G‘walts und Gelts am gytigsten ist, über ander alle meh G‘walts und Gelts g‘winne, habe und herrsche. Sölliche Scharben hand vilnach in alle Ort einer frommen Eydgnoßschaft genistet, und die fryen, gemeinen Regiment in ihren Kragen gesteckt, also daß ihr etlich unverschämt dörftent wunden, eine Eydgnoßschaft dörfe sich nit wohl ohn fremd‘s Gelt enthalten; ja wohl die Scharben, deren g‘fiderter Lyb minder geschätzt ist, denn ihrer nacken-den Vätern Schatt, vor allem frömden Gelt, gewesen! Wer sicht nit, daß hienach in 15 Jahren etlich gerin-ger, ja keiner Hab und Achtung, allein durch frefnen G‘walt und Pratik jährlich bym Tusend an Gut und Achtung so mächtig sind worden, daß sie, ohn erblich oder werblich Hauptgut, haben merkliche Zins und Güter überkommen, und [die] so kum ein Hüsle ver-mochten, us zweyen, dryen, vieren ein Säßhus, und us Säßhüsern Schüren und Ställ gemacht haben, als ob das ein herrliche, burgerliche, gemeinsame Stadt sye, darin allein semliche Scharben husen und herrschen.“

„Die eigennützige Macht- und Geldgier, eine Wurzel aller Laster und Uneinigkeit, hatte eine solche Gestalt angenommen, als ob sie eine Tugend sei, die allein, wie die Tat erweist, den gemeinen Oberen und denen,

die in ihrer Gunst stehen, in einer Weise zustünde, dass der, der in der gemeinen Regierung am meis-ten nach Macht und Geld giert, über alle anderen noch mehr Macht und Geld gewinne und behalte und über sie herrsche. Solche Scharben hatten in allen Orten einer frommen Eidgenossenschaft genistet und die freien und gemeinen Regierungen in ihren Kragen gesteckt, sodass etliche von ihnen in unverschämter Manier äußern durften, eine Eid-genossenschaft dürfe sich nicht ohne fremdes Geld finanzieren; so waren die Scharben, deren gefiederter Leib weniger geschätzt wird als der Schatten ihrer nackten Väter, vor allem fürs fremde Geld gewesen! Wer sieht nicht, dass hiernach in 15 Jahren etliche Geringere ohne Habe und Ansehen allein durch die-bische Macht und Handlungen jährlich um das Tau-sendfache an Besitz und Ansehen so mächtig gewor-den sind, dass sie, ohne ererbten oder erworbenen Hauptbesitz, merklich Zins und Güter erlangt haben, und die sonst kaum eine Hütte hätten, aus zweien, dreien, vieren ein Wohnhaus und aus Wohnhäusern Scheuern und Ställe gemacht haben, als ob das eine herrliche, bürgerliche, gemeinsame Stadt sei, in der allein solche Scharben hausen und herrschen.“

Aus demselben Werk stammt folgender Kommentar zu einem Mitglied einer allseits bekannten deutschen Kaufmannsfamilie:

„Als zu unseren Tagen hat der wälsch Scharb Fucker von Ougspurg, so ein Weber gesyn, den alten edlen Grafen von Helfenstein, item den thüren Ritter von Bubenhofen, durch siner Töchtern Verhürung müs-sen erhalten.“

„In unseren Tagen musste der fremde Scharb Fug-ger von Augsburg, der mal ein Weber gewesen war, durch seiner Töchter Verheiratung den alten Grafen von Helfenstein sowie den teuren Ritter von Buben-hofen unterhalten.“

Das Bild aus der Zeit um 1500 vervollständigen wei-tere Belege für Prämien in Österreich. In den Fische-reiordnungen für die oberösterreichische Traun aus den Jahren 1499 und 1537 wird den Fischern erlaubt, die „Schärm und dergleichen Schadvögel“ mit Hoch-netzen zu fangen (Scheiber 1929). Im 16. Jh. gibt es für Innsbruck den Nachweis einer Abschussprämie für einen „Schermvogel“ von 30 Kreuzern rheinisch (Dalla Torre 1886). Leider lässt sich diese Überlie-ferung zeitlich nicht genauer eingrenzen.

Auch aus Augsburg liegen zahlreiche derartige Nachweise vor, wie Wiedemann (1890) berichtet:

„In den Baumeister- und Grabenrechnungen der Stadt Augsburg kommen vom Jahre 1404 beginnend, bis zum 17. Jahrhundert, alljährlich Ausgaben für die

VOGELWELT 134: 233–261 (2013) 241

Erlegung von Scharben oder Scherben vor, weil die-selben der Fischzucht bedeutenden Schaden verur-sachten. ... Im 15. und 16. Jahrhundert bezahlte man für einen Scharb- oder Scherbvogel gewöhnlich 4 ß (Schilling) Schuss- oder Fanggeld. So im Jahre 1436: „Dem Völken 3 Pfund von 2 Vögeln, die in die Gräben flugen; 1452: 4 Gross (Groschen – d. Verf.) für 1 Schar-ben; 1455: 16 Gross für 4 Scherben; 1459: 3 Gross von 1 Vischvogel , so grossen Schaden gethan; 1498: 32 Scherben à 5 ß = 8 Pfund ; 1552: Von 1 Scharben 2 kr. 2 hl. (Heller – d. Verf.); 1554: 3 Scherben à 8 Pfennig; 1571/72: 4 kr. 2 hl. von 2 Scherben, jedem einen Fuss abgeschnitten.“

Die sich deutlich abhebende Anzahl von 32 erleg-ten Kormoranen im Jahre 1498 sowie die geringeren Zahlen in den anderen Jahren passen sehr gut zu den Quellen aus der Schweiz und Österreich. Den Quellen dieser Zeit ist zu entnehmen, dass der Kormoran im Alpen- und Voralpenraum offenbar regelmäßig und in so großer Zahl auftrat, dass striktere Gegenmaß-nahmen erforderlich erschienen. Ein nur vereinzeltes Auftreten in strengen Wintern, wie es Gessner nur 50 Jahre später beschreibt, ist für die Zeit um 1500 nicht anzunehmen. Ab 1510 fehlen bislang Belege für ein weiteres gehäuftes Auftreten bzw. die Bekämpfung des Kormorans. Erst rund 100 Jahre später, 1617, ist wieder eine Prämie von ½ Pfund in der Fischerei-ordnung am Thunersee (ca. 60 km südwestlich des Vierwaldstättersees) nachweisbar (Schweizerisches Idiotikon online 2014). Die Häufung der Quellenbe-lege zum Ausgang des 15. und zum Beginn des 16. Jh. lassen die Schlussfolgerung zu, dass der Kormoran zu jener Zeit im Alpenraum einen Bestandshöhepunkt hatte, danach aber offenbar rasch abnahm. Ob es sich dabei um Brut- oder Rastpopulationen handelte, bleibt ungeklärt. Quellenbelege für die Beseitigung von Brutkolonien sind bislang nicht bekannt. Eine gezielte Nachsuche in lokalen Archiven könnte jedoch weitere Belege zu Tage fördern und die bestehenden Kenntnislücken ggfs. schließen.

KopenhagenDie Verwendung des Kormorans als Nahrung und sein Vorkommen im Ostseebereich belegt folgendes Zitat aus dem Jahre 1536 (Lappenberg 1861):

„Anno 36 dat laste vam Julii do bedwang de hertoch Kersten van Holsten de stadt Kopenhagen mit bele-geringe, de geburet hadde van anno 35 also hart mit hunger, dat sik de stadt in des hertogen hant gaf. Und hertoch Albert van Mekelenborch was binnen Kopen-hagen mede... Und was alsodan hunger dar binnen, dat ein hund hadde golden tein denske mark. Darto so hadde de vorste van Mekelenborch, hertoch Albert, in 14 dagen neen brot in sinem munde gehat. Darut kan men wol afnemen, wat hunger und not bi dem

gemenen man gewest. Also dat des scepel roggen galt 8 M densk (=Dänische Mark – d. Verf.), ein scepel moltes 6 M densk, eine tunne bers 15 M densk. Item ein kalf vor 60 sh. Item eine junge goes 2 sh, ein lam 10 sh, ein par honer 3 sh, eine kreige 8 ß (=Schilling – d. Verf.), eine duve 12 ß, ein schulver 8 ß, ein punt botter 2 sh, ein drogen hering 2 ß, ein pot bers 8 ß, ein pot mede ein sh, ein klenen dors 2 sh.“

„Im Jahre 1536, dem Letzten des Juli, da bezwang Herzog Christian III. von Holstein die Stadt Kopenha-gen durch Belagerung, die seit 1535 angedauert hatte mit solchem Hunger, dass sich die Stadt in die Hand des Herzogs ergab. Und Herzog Albert von Meck-lenburg war der Stadt inzwischen überdrüssig... Und es war dort also ein solcher Hunger, dass ein Hund zehn Dänische Mark wert war. In jener Zeit hatte der Fürst von Mecklenburg, Herzog Albert, in 14 Tagen nie ein Brot in seinem Mund gehabt. Daraus kann man wohl annehmen, welch Hunger und Not erst beim gemeinen Mann gewesen sein muss. So galt das Schepel Roggen 8 Dänische Mark, ein Schepel Malz 6 Dänische Mark, eine Tonne Barsche 15 Dänische Mark. Des Weiteren ein Kalb für 60 Dänische Mark. Außerdem eine junge Gans 2 Mark, ein Lamm 10 Mark, ein Paar Hühner 3 Mark, eine Krähe 8 Schil-linge (was einer halben Mark entsprach – d. Verf.), eine Taube 12 Schillinge, ein Schulver 8 Schillinge, ein Pfund Butter 2 Mark, ein Trog Heringe 2 Schillinge, ein Topf Barsche 8 Schillinge, ein Topf mede (nicht identifizierbar, vermutlich ein Fisch – d. Verf.) eine Mark, ein kleiner Dorsch 2 Mark.“

Der Kormoran steht als Schulver in der Liste zwischen der Taube und einem Pfund Butter. Er war gehandeltes Wildgeflügel, im Preis der Krähe gleichwertig, jedoch billiger als eine Taube. Er wurde als Nahrung offenbar weniger geschätzt, vielleicht auch nur aufgrund der extremen Notlage gehandelt und verzehrt.

Der „Baumgans“-MythosUm die nächsten beiden Brutnachweise zu verstehen, ist es unerlässlich, den Mythos um die sogenannte „Baumgans“ vorzustellen. Zwei verschiedene Arten der Gattung Branta wurden in historischer Zeit als diese angesprochen. Sie verdanken ihren Namen der vermu-teten Entstehung aus Rankenfußkrebsen (daher auch deren Namen „Entenmuscheln“), die an angetriebenen Baumstämmen hingen. Die Legende bezieht sich im engeren Sinn auf die Ringelgans Branta bernicla; häu-fig wurde sie jedoch mit der Weißwangengans Branta leucopsis verwechselt.

Im Falkenbuch Friedrichs II. ist die Nonnen- oder Weißwangengans Branta leucopsis (Bechstein 1803) häufig und unverkennbar abgebildet und unter der Bezeichnung “bernecla” erwähnt (Willemsen 1969). Ihre Brutplätze blieben lange unbekannt. Sie war aber

242 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

neben der Blessgans Anser albifrons die häufigste Wild-gans. Friedrich II. zitierte die Legende von der Ent-stehung auf Bäumen, suchte jedoch Klärung und ließ sich Hölzer vom Meer aus dem Norden kommen. Er zog den Schluss, dass die Gans bernecla (also Weiß-wangengans) nicht aus Holz entstehe, sondern offenbar auf natürliche Art, jedoch in weit entfernten Gebieten brüte. Erst Kapitän Wilhelm Barendsz klärte 1595 endgültig auf, dass auf Novaia Semlja (in der Literatur oft als „Grönland“ oder „Spitzbergen“ angegeben) die Weißwangengänse wie alle anderen Vögel aus Eiern entstehen. Dennoch wurde die Legende noch bis zum 19. Jh. nicht nur in unzähligen Texten referiert, sondern auch geglaubt und geht zwischen Weißwangen- und Ringelgans hin und her.

Die Ringel- oder Rottgans Branta bernicla (Linna-eus, 1758) heißt bei Friedrich II. die Kohlschwarze, „carbonera“, abgebildet ist sie nicht. Eine zusammen-fassende Darstellung gab Heron Allen (1928); für die Rolle der Entenmuscheln vgl. Maier (1679), Ankel (1962), Bergmann (1991; dort ebenfalls nach dem Linné’schen Namen auf die Ringelgans bezogen).

Die Legende von den Baumgänsen stammt aus Schottland oder Irland. Saxo Grammaticus erwähnt die Orkneys. Dort setzten sich an treibendem Holz immer wieder Entenmuscheln fest. Ihr keltischer Namen ist „barnagh“, die allgemeine Bezeichnung für Muschel. Davon abgeleitet ist engl. barnacles, Bezeich-nung für die Schalen bildenden Rankenfußkrebse, Entenmuscheln der Gattung Lepas. Davon wiederum abgeleitet ist „bernicla“, der Name einer vermeintlich daraus entstehenden Gans, die schließlich von Linna-eus (1758) auf die Ringelgans festgeschrieben wurde.

Beare (1998) erkannte in einem Gedicht aus der frühen Zeit Eduards des Bekenners (1004-1066) die gierige „Baumgans“, die nicht vom Ast ihres Ursprungs ablässt, als Metapher in einem Vergleich. Zakaria al-Qazwini (1203-1283) gab nach Jacob (1927) einen mündlichen Bericht von at-Tartûschi von 973 wie-der über ein Wunder auf der Insel Schâschîn (Sachsen = England), das es sonst nirgends in der Welt gäbe: Bäume fallen vom Ufer in das Meer, die Gischt ballt sich zu einem Ei zusammen, das sich zu einem Vogel entwickelt, der nur mit Schnabel und Füßen fest hängt. Unter Wirkung des Windes bilden sich Federn, der Vogel löst sich ab und schießt über Wind und Wellen dahin. Er wird nicht lebend angetroffen, sondern tot angespült. Er ist schwarz und ähnelt einem Taucher: Ein erster Hinweis auf die Ringelgans.

Im 13. Jh. berichten Alexander Neckam (o. J.) und Thomas von Cantimpré (o. J.), dass sich an faulendem Treibholz und an Wracks „Entenmuscheln“ entwickeln, deren Schalen für Eierschalen und deren daraus her-ausragenden zarten und verzweigten Fangbeine für das Gefieder schlüpfender Gössel gehalten wurden. Sie sollten bis zur Flugfähigkeit mit dem Schnabel am Holz hängen, wobei der lange Stiel der Entenmuschel

als Hals der zukünftigen (Ringel-)Gans interpretiert wurde. Auch Gervasius von Tilbury berichtete einen solchen Fall aus Faversham in Kent (Liebrecht 1856). Jakob von Vitry (vor 1240) berichtet, dass die Vögel auf Bäumen am Meeresufer wüchsen, mit den Schnä-beln von den Ästen herabhängend. Besonders diese Variante bot die Möglichkeit zur Verwechslung mit dem Kormoran. Zu dieser Zeit, im Jahre 1215, ver-bot Papst Innozenz III. im vierten Laterankonzil das Verspeisen dieser Vögel in der Fastenzeit. In manchen Gegenden wurden sie aufgrund der angenommenen Entstehungsweise nicht zum Fleisch gezählt.

Unter den von Albertus Magnus (Kitchell & Resnick 1999) genannten einheimischen Arten von Gänsen wird die Weißwangengans als die vierte Art beschrieben, als kleinste, von der Kopffärbung eines Pfaus (d. h. weiße Wangen), ohne Krone, mit einem Gänseschnabel. Er gab die Baumganslegende unter dem Namen „barliates“ nach Thomas von Cantimpré wie-der, bezweifelte sie jedoch, da er und seine Mitbrüder oft gesehen hätten, dass diese Gänse (Nonnengänse) sich sowohl begatteten als auch Eier legten. Albertus berichtet über Bastarde zwischen Haus- und Nonnen-gänsen, wie sie auch heute bekannt sind.

Nach Turner (1544) sollte neben der Weißwan-gengans eine zweite Art auf Bäumen wachsen, wohl die Ringelgans. Gessner (1585) referierte nur. Er gab eine Beschreibung nach seinem Gewährsmann Ioan-nes Caius (John Kay). Mit dem schottischen Namen „clakis anseris genus“, „Klackgenß“ (nach dem Ruf) legte er die Baumgans auf die Weißwangengans fest. Dabei blieb es für lange Zeit. Marcus zum Lamm fügte eigene Beobachtungen über Entenmuscheln von La Rochelle hinzu (Kinzelbach & Hölzinger 2000). Clusius (1605) gab eine Gleichsetzung der schotti-schen, englischen und jütländischen Namen der Weiß-wangengans (Branta leucopsis): „Claiks sive Claikgees Scotis, Bernacle Anglis, Rodgees Hirtlandis...“ Die Ringelgans (Branta bernicla) tritt bei ihm unter dem Namen „Helsingegaas“ auf.

Aldrovandi (1603) hat die „Ontogenese“ anschau-lich abgebildet. Er hat die generatio spontanea statt auf die Weißwangengans wieder auf die Ringelgans (Branta bernicla) bezogen, die er von einem Stück aus Belgien kannte. Linnaeus (1758) prägte dementsprechend seinen Namen „Anas bernicla“ nach Aldrovandis Vorgabe auf die Ringelgans.

Welche der beiden Branta-Arten einst zum Ursprung der Legende Anlass gegeben hat, ergibt sich daraus, dass die Ringelgans im Bereich Britanniens und der Nordsee nicht brütet, sondern weitab am Polar-meer; daher kannte niemand Eier oder Nest. Dies galt nach Friedrich II. für Ringel- wie Weißwangengans; für Albertus Magnus nur für die Ringelgans, da er über die Brut der Weißwangengans berichtete. Eine der ältesten Überlieferungen, die von at-Tartûschi aus dem 10. Jh., bezeichnet den zugehörigen taucherarti-

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gen Vogel, der nur angeschwemmt angetroffen werde, als schwarz. Dies passt gut auf die Ringelgans. So hat Linnaeus (1758) zufällig doch die „richtige“ Art, die Ringelgans, als „Anas bernicla“ (= Branta bernicla), die „Baumgans“, bezeichnet.

Die Eigenschaft des Kormorans, als einziger Schwimmvogel in Kolonien auf Bäumen zu brüten, macht diesen Mythos besonders in der Variante, die Jakob von Vitry berichtete, für seine Geschichte wichtig. Aussagen, in denen die Autoren behaupten, die „Baumgänse“ mit eigenen Augen auf Bäumen wachsend gesehen zu haben, sollten stets auf eine Kormorankolonie als realer Hintergrund überprüft werden. Tatsächlich wurden der reale Kormoran und die mythische „Baumgans“ in der Geschichte häufig durcheinander geworfen, z. B. im Gart der Gesundheit (Anonymus 1529):

„Carbates. Alber[tus]. Carbates heissen etlich mit unwarheit die fögel die man gmeinlich boumgenß heißet. Als auch oben stat. im. XIIII. cap. Darumb das sy uff den beumen wachsen / an welchen ästen unnd stammen sy hangen / und werden under der rinden erzogen. Man sagt das auch etwan uß dem fulen holtz in dem mer diethier geboren werden / als auch obgesagt ist / und besonder von der dann-beum faulem holtz. Unnd wir haben sye auch gesehen fuglen unn ire iungen erziehen / Diser vogel hat ein pfawen kopff / füß als ein schwan / am rucken ist er eschfarb / am bauch weisß / unnd ein wenig kleiner dann ein ganser.“

Das 14. Kapitel, auf das verwiesen wird, beschreibt die „barliata“ und besteht hauptsächlich aus der Beschrei-bung der „barliates“ des Thomas von Cantimpré. Das oben zitierte Kapitel besteht hingegen aus Aussagen des Albertus Magnus, vermischt dabei aber die Namen von Kormoran und „Baumgans“. Während bei Alber-tus Magnus der im Gart der Gesundheit zitierte Text wie bei Thomas von Cantimpré unter dem Titel „bar-liates“ steht, konstruiert der Autor stattdessen einen neuen Namen aus zwei der bei Albertus zu finden-den Bezeichnungen für den Kormoran – „charchates“ und „carbo aquaticus“. Denkbar wäre ebenfalls ein Abschreibefehler von „charchates“.

Eine weitere Überschneidung des Baumgans-Mythos mit dem Kormoran besteht in der Benen-nung des Kormorans in Nordbrabant. Dort wurde er im Volksmund als Rot(t)gans bezeichnet, eine häufig für die Ringelgans verwendete Bezeichnung (s.o.; Her-klots 1853).

Conrad Gessner (1516-1565)In dem seinerzeit zum Standard avancierten Werk De avium natura widmet Conrad Gessner dem Kormoran mehrere Seiten. Eine detaillierte Analyse des gesamten Buches wurde bereits durch Springer & Kinzelbach

(2009) vorgenommen. Gessners Akribie und Gewis-senhaftigkeit ist die seltene Möglichkeit zu verdanken, den dargestellten Kormoran im Prachtkleid, den er „in Händen gehalten“ hat und als „grünlich“ beschreibt, eindeutig der Unterart sinensis zuordnen zu können. Er beschreibt den Vogel für den schweizerischen Rhein als Gast, der als Vorzeichen großer Kälte angesehen wird, räumt aber ein, dass auch schon im September (allerdings bei kaltem Wetter) Vögel auf dem Zürichsee gefangen wurden. An anderer Stelle schreibt er allge-mein, dass der Kormoran an die schweizerischen Seen kommt (Gessner 1555). Obwohl die Erstausgabe von 1555 reichlich Material zum Kormoran bietet, lässt sich nicht viel mehr Relevantes zur Frage seiner damaligen Verbreitung herauslesen. Erst der Appendix zur Auflage von 1585, nach Gessners Tod erschienen, aber noch komplett aus seiner Hand, bietet weitere Informationen (Gessner 1585):

„Non vero in maritimis tantum tractibus Berniclae inveniuntur, sed in mediterraneis quoque: ut Son-newaldi in ditione illustris comitis Sulmensis, sex miliarum intervallo distante Torga Misenorum: ubi in arboribus nidulantur, ut doctissimus Kenntmannus noster observavit.“

„Jedoch werden die „Berniclae“ nicht nur in Mee-resgegenden gefunden, sondern auch in binnen-ländischen: wie zum Beispiel zu Sonnewalde in der Herrschaft des berühmten Grafen von Sulm, in sechs Meilen Entfernung von Torgau in Meissen: wo sie in Bäumen nisten, wie unser hochgelehrter Kenntmann beobachtet hat.“

Die Beobachtung Kenntmanns betrifft zweifellos eine Brutkolonie des Kormorans. Dies bestätigt auch eine Artenliste von Georg Fabricius (1569) für die Markgrafschaft Meißen, die den Kormoran für den Brutzeitmonat Juni aufführt. In der unmittelbaren Umgebung von Sonnewalde, die heute kaum noch geeignete Lebensraumbedingungen für eine Kor-moranansiedlung aufweist, existierten im Mittelalter mehrere kleine und große Fischteiche, die allerdings nach und nach wieder verschwanden (A. Weber pers. Mitt.). Aus den Lebensdaten Kenntmanns und Gessners lässt sich der Bruthinweis auf den Zeitraum zwischen 1555 (dem Erscheinungsjahr von Gessners Erstauflage, die Kenntmanns Bericht noch nicht ent-hält) und 1565, das Todesjahr Gessners, eingrenzen. Die intensive Korrespondenz der beiden Gelehrten ist überliefert und stammt aus den Jahren 1551 bis 1565 (Hanhart 1824).

Johannes Coler (1566 – 1639)Etwa vier Jahrzehnte später, aus einer Gegend rund 80 Kilometer nördlich von Sonnewalde, berichtet der protestantische Pfarrer Johannes Coler (1598):

244 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

„Es schreibet Munsterus in seiner Cosmographia..., daß in Schottenland und Hybernia Endten am ufer des Meeres auff Bewmen wachsen / derer ich auch allhier zu Berlin gesehen die von dannen heraus bracht waren.“

„Endten, die zu Berlin auff Bewmen... heraus bracht waren“ (= auf Bäumen erbrütet wurden; Grimm & Grimm 2001), können, wie bei Kenntmann (in Gess-ner 1585), nur den Kormoran meinen.

Marcus zum Lamm (1544-1606)Marcus zum Lamm, geboren in Speyer und später Kirchenrat zu Heidelberg, schuf unter dem Titel The-saurus picturarum eine 33-bändige bebilderte Chronik, in der er einem theologischen Ansatz zur Darstellung verschiedenster Motive als Beweis göttlicher Allmacht folgte. Drei Bände des „Thesaurus“ (Bd. 29, o.J.; Bd. 30, 1587 sowie Bd. 31, 1606) widmen sich den Vögeln. Sie bilden eine wesentliche Quelle für Kenntnisse zur mitteleuropäischen Vogelwelt im 16. Jh. Da er die unterschiedlichen Altersklassen bzw. Kleider für ver-schiedene Arten hielt, existieren mehrere Abbildungen des Kormorans.

Marcus zum Lamm gibt zu den insgesamt drei Zeichnungen textliche Anmerkungen. Zu einem älte-ren immaturen Vogel schreibt er (zitiert nach Kinzel-bach & Hölzinger 2000):

„Ein Wasser Vogel In Der Grösse einer Gans, Scharff genant, Recht undt eigentlich nach dem Leben Cont-refaict von Einem Natürlichen, so den 31tn. Octobris Anno Do; 1601. uff dem Churfürstlich kindtt Tauff alhie zu Heydelberg zu Hoff neben Einem Grawen Schwanen, zu einem Schaw essen ufgetragen worden ist.“

Zu einem Altvogel:

„Ein andere art Rheinvögel, welche so groß als ein Gans, unndt durchaus gar Beerschwartz seint, unndt DAUSSEN genent werden.“

Einen Kormoran im Prachtkleid (vermutlich nach dem Holzschnitt bei Gessner entstanden; Kinzel-bach & Hölzinger 2000) präsentiert er unter der Überschrift:

„Ahl kray, Scharb, Carbo aquaticus“

Hier taucht – über 700 Jahre später – der bereits für das 9. Jh. bei Walahfrid Strabo und später bei Hil-degard von Bingen nachweisbare Name Aalkrähe wieder auf.

Caspar Schwenckfeldt (1563 – 1609)Der Hirschberger Arzt Caspar Schwenckfeldt berichtet, dass ihm am 30. August 1602 der „höchst ehrenwerte Herr Daniel Gotsch“ einen jungen Kor-moran zusandte. Er nennt ihn „Corvus lacustris“, also

„Seerabe“ im Sinne von „Binnenseerabe“ (Schwenck-feldt 1603). Die Kolonie existierte in jenem schle-sischen Gebiet, für das bereits für 1377 und 1431 Brutvorkommen des Kormorans belegt sind (s. o.). Sie dürfte in Zusammenhang mit den beiden bereits erwähnten bei Sonnewalde bzw. Berlin stehen, da zeit-lich und räumlich (ca. 225 km) nicht weit entfernt:

„Circa lacus, amnes & fluvios vivit. Arboribus insidet, & in iis nidificat, veluti in baronatu Trachebergensi, udis ad Bartham locis. Piscivorus est, voracissimus & multi cibi. Per autumnum & veris initio aliquando ad fluvios & piscinas Montium Suditorum advolat.“

„Er lebt an Seen, Strömen und Flüssen. Er sitzt auf Bäumen und nistet in ihnen, wie zum Beispiel im Baronat Trachenberg (Żmigród – d. Verf.), an feuch-ten Orten an der Bartsch. Er ist Fischfresser, sehr gefräßig und braucht viel Nahrung. Im Herbst und zu Anfang des Frühlings fliegt er manchmal zu den Flüssen und Fischteichen im Sudetengebirge.“

Schwenckfeldt haben offenbar Berichte über Rast-bestände von Kormoranen zur Heimzug- und Weg-zugzeit aus Böhmen und Mähren vorgelegen. Da seine Heimatstadt Hirschberg (Jelenia Góra) im schlesisch-böhmischen Grenzgebiet liegt, stützen sich seine Aus-sagen evtl. auch auf eigene Beobachtungen. Bestätigt werden sie durch Abschussprämien für Kormorane in Böhmen (s. u.).

Böhmen im 16. und 17. JahrhundertIn Olmütz (Olomouc) werden in der zweiten Hälfte des 16. Jh. in einer Liste von Prämien für den Abschuss von Schädlingen auch Wasserraben erwähnt. Im böh-mischen Neuhaus (Jindřichův Hradec) erhält man für einen getöteten Kormoran 5 Kreuzer. Darüber hinaus werden im Jahr 1628 im nordböhmischen Friedland (Frýdlant) 7 Kr. ausgelobt, während 1650 in Pardubitz (Pardubice) gar 9 Kr. und 2 Dinare und im Jahr darauf in Podiebrad (Poděbrady) 9 Kr. und 3 Din. gezahlt wer-den (Andreska 2010). Für die 1670er Jahre schließlich berichtet Balbin (1679) über zahlreiches alljährliches sommerliches Vorkommen auf den Elbinseln bei Leit-meritz (Litoměřice) und erwähnt, wie fast alle histori-schen Berichte, die Auswirkungen auf die Fischfauna und das Ausbreiten der Flügel, während die Vögel auf hohen Bäumen sitzen. Diese wurden heimlich von männlichen Jugendlichen aus dem Dorf erklettert, um auf die Kormorane zu warten und sie zu schießen. Bal-bin wurde in der Vergangenheit öfters herangezogen, um ein historisches Brutvorkommen des Kormorans in Böhmen zu belegen. Von Jirsík (1956) erstmals als Brutnachweis gewertet, wurde Balbin (1679) auch von anderen Autoren unkritisch als solcher fortgeführt. Der Text gibt jedoch keinen eindeutigen Hinweis auf ein Brutvorkommen in der Gegend. Es dürfte sich bei den Vögeln um rastende Tiere gehandelt haben, die

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möglichweise aus den von Schwenckfeldt (1603) erwähnten schlesischen Kolonien oder auch aus ande-ren Gegenden stammten (Mlíkovský 2005).

Eilhard Lubin (1565-1621)In der im Jahre 1618 entstandenen Lubinschen Karte des Rostocker Gelehrten Eilhard Lubin wird der Kor-moran (hier als pelecanus) als landestypischer Vogel für Pommern aufgezählt (Lubin 1618):

„..nobiliores aves, ut grues, tardae, urogalli, perdi-ces, tetraones, attagines, anseres, anates silvestres, pelecani, turdi, alaudae, coturnices, sturni, et pluri-mae aliae.“

„...die edleren Vögel, wie Kraniche, Trappen, Auer-hühner, Rebhühner, Birkhühner, Haselhühner, Gänse, Wildenten, Pelikane, Drosseln, Lerchen, Wachteln, Stare und viele andere.“

Dabei bleibt aber unklar, ob die „pelecani“ an der Küste, im Binnenland oder in beiden Bereichen auftraten. Zu beachten ist, dass der Kormoran auch hier, ähnlich wie um 1400 in Schlesien, zu den „edlen“ Vögeln gehörte.

Johannes Micraelius (1597-1658)Micraelius (1639) berichtet von den

„...Ahlkreyen, von denen eine zu Stargard (Stargard Szczeciński – d. Verf.) vergangenes Jahr auff dem Kirchthurn geschossen, und von vielen für eine Art der Adler ist angesehen worden.“

Micraelius hatte sich diese Geschichte „von einem guten Weidemann, einem von Adel, berichten lassen“, was für die Seriosität des Gewährsmannes sprechen sollte, und dem „wohl zwey und zwantzigerley Arten allein von wilden Enten bekannt seyn“. Sie sind allesamt aufgezählt, der Kormoran ist darunter. Es existieren noch zahlreiche weitere Schilderungen von Kormo-ranen, die sich auf Kirchtürmen niederließen und abgeschossen wurden, darunter zwei längere, inhalt-lich identische Geschichten aus Görlitz von 1621 (Hei-denreich 1635) sowie dem englischen Carlisle von 1750 (Latham 1824). Mehrere Bürger der Stadt bzw. Soldaten schossen jeweils vom Fuß des Turms mehr-fach auf den Vogel, ohne ihn zu treffen. Der Kormo-ran blieb im Gegenteil ungerührt sitzen und flog nicht davon. Erst als ein Mann den Turm bestieg, konnte er den Vogel erlegen.

Die Schilderungen weisen erstaunliche Überein-stimmungen hinsichtlich des unwahrscheinlichen Verhaltens der Vögel auf, trotz massiven Beschusses nicht zu fliehen. Es ist davon auszugehen, dass Schilde-rungen von Kormoranen auf Kirchtürmen nicht realen Ereignissen entsprechen, sondern eine mythologische Bedeutung haben. Der Text von Micraelius stellt jedoch unabhängig von dem möglichen mythologi-schen Hintergrund des Abschusses auf einem Kirch-

turm einen Quellenbeleg für das Vorkommen des Kormorans in Pommern dar.

Nürnberg 1650Dass der Kormoran zu jener Zeit auch in anderen, küstenfernen Gegenden präsent war, zeigt folgender Bericht aus Nürnberg aus dem Jahr 1650 (Besler et al. 1716, Abb. 2). Die Tatsache, dass sich der Text auf den Abschuss eines Einzelvogels bezieht und in einer Aufstellung von Exponaten einer Raritätensammlung enthalten ist, weist darauf hin, dass die Art zu jener Zeit dort nur selten auftrat. Der Abschuss erfolgte in der Karwoche (Faust 1999), der Karfreitag fiel in jenem Jahr auf den 15. April.

„Et quidem quod sub N. I. delineatum СОRVVМ AQVATICUM attinet, ille Anno O.R. MDCL. in viva-rio publico, quod ex duodecim in unum confluxit, hincque nomen Dutzetteich ipsi impositum, a viro, cui cura lacus hujus commissà, dum piscibus insidias strueret, globo trajectus est.“

„Und was den unter Nr. 1 aufgeführten Wasserraben angeht, so ist jener im Jahre 1650 auf einem öffentli-chen Teich, der, weil er aus zwölfen in einen zusam-menfließt und von hier ab den Namen Dutzendteich trägt, von einem mit der Pflege dieses Teiches betrau-ten Mann mit einer Kugel durchbohrt worden, wäh-rend er den Fischen nachstellte.“

Abb. 2: Der geschossene Jungkormoran (im ersten Kalender-jahr?) vom Dutzendteich, im Hintergrund ein Prachttaucher Gavia arctica (im Übergangskleid?). – The young (first-year?) Cormorant shot on the Dutzendteich (Nürnberg, Bavaria), with a Black-throated Diver in the background.

246 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

Johann Leopold Cysat (1601 – 1663)Ein mit Micraelius nahezu zeitgleicher faunistischer Nachweis stammt aus der Schweiz. Johann Leopold Cysat verfasste im Jahre 1645 eine „Beschreibung dess Berühmbten Lucerner oder 4. Waldstaetten Sees“.

Diese beinhaltet u. a. eine lokale Avifauna. Der Kormoran wird hier unter den häufigen Wasservögeln aufgelistet (Cysat 1661):

„Auff dem Vier Waldstätten See / befinden sich nicht allein die gemeinen und bekandten Wasservögel / als die Reyger / Rohrdommel / oder Rohrkuhe / sonsten auch genannt Rohrmunj / Schneegäns / Schwarben / oder Wasserrappen / Rhein-Schal-Blass-Moss-Störtz-Grab- und andere gattung Enten / Teücher/ hie genannt Hollen / Mören / anderswo Bölhinen / Tuchentlein / etlich gattung Wasserhünlein / Wasser-Ambsel / Wasserschnäpfflein / vilerley species Eys-svögel / zwyerley Brodholen / Gifitzen / Nachtram-men zwyerley Geschlecht / Wassersteltzen / und in Rohren die Rinderstaren; sondern auch zu Zeiten Schwanen / Schott- oder Rotgäns und an den Gesta-den vilmahlen die Kranichen oder Kryen / beyneben anderen gantz unbekandten / dero Nammen und geschlecht diser enden niemand bewüsst / welche sich etwann verschiessen / und ungefehrd in dise Revier kommen aber ihre stäte Wohnung da nicht haben : wie dann under- unnd neben vilen anderen / so da gesehen und gefangen werden / ungefährlich umb das Jahr 1619.“

Die hier verwendete Namensvariante Schwarbe ist offenbar auf den südwestlichen Bereich des deutschen Sprachraums begrenzt und nur selten zu finden. Im bereits erwähnten Traugemundslied, enthalten in einer im Raum Straßburg im 14. Jh. entstandenen Hand-schrift (Handschriftencensus 2014), fand sich die Form swarbe (Uhland 1844). Cysats Text belegt zweifelsohne das Vorkommen des Kormorans auf dem Vierwaldstättersee. Aber auch durch Identifikation der anderen aufgezählten Arten lässt sich nicht abschlie-ßend klären, ob der Autor unter den „gemeinen und bekandten“ Wasservögeln nur solche verstand, die am See oder in seiner unmittelbaren Umgebung brüteten, oder ob die Auflistung auch häufige Wintergäste ent-hält. Ein Brutvorkommen des Kormorans kann aus dieser Quelle folglich nicht abgeleitet werden.

Jakob Graviseth (1598-1658)Graviseth bildet in seinem um 1720-1730 fertigge-stellten Vogelbuch einen Kormoran im vollen Balz-kleid mit rot gefärbten Zügeln ab (Abb. 3), der neun Jahre nach Cysats Beschreibung und 40 km westlich des Vierwaldstättersees in der „Aaren in dem Ampt A[a]rwangen geschossen worden, 1654.“ (Germann et al. 2010). Da bei dem Vogel die nur in der Balzzeit getragene rötliche Färbung der Zügel dargestellt ist, dürfte der Abschuss am Anfang des Jahres 1654 erfolgt sein. Die Existenz von Brutkolonien in dem Gebiet ist nicht auszuschließen, aber auch überwinternde oder durchziehende Vögel können sich zum Ausgang des Winters im vollen Balzkleid befinden.

Abb. 3: Darstellung bei Graviseth 1654, Burgerbibliothek Bern, Mss.h.h.XV.49, p. 84. – Illustration in Graviseth 1654.

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Leonhard Baldner (1612 – 1694) und Johann Jakob Walther (ca. 1600 – 1675)In seinem Vogel Fisch und Thierbuch schreibt der Straß-burger Fischer Leonhard Baldner unter dem Titel „Ein Scharff “ (Baldner 1666):

„Ein Scharf ist bey uns unbekant, und gibt deren nicht viel. Ist der größte Wasservogel, der sich mit Fischen ernehrt. Es ist einer mitsang den Federn 7 Pfundt schwer, Ist ein sehr gefräßiger Vogel, wann er will genung freßen, muß er alle Tag ein Pfundt Fisch haben, er düncket sich stäts unters Wasser seine Nahrung zu suchen, mit seinem Schnabel kan er gar wohl einen Fisch heben der ein halb Pfundt wigt, und denselben fressen. Diese Vögel nisten auf die hohen Bäum, wie die Merchen; seind in der Speiß auch einander gleich, aber nicht so gut als ein Antvogel. Die ganze Länge dieses Vogels sieben viertels Ehlen, die Breite der Flügel, von einem End zum andern, ist dritthalb Ehlen lang, das Eingeweid sampt dem langen Magen ist 6 ½ Ehlen lang, der Schnabel eines Fingers lang mit einem Haken, hatt ein Zung nicht größer als eine halbe Erbs, seine Füeß mit Häuteln wie schwartz leder. Sein Farb ist dunkelgrün, bey den Jungen gelb, der Schnabel braunweiß, und der Bauch ist auch weis an etlichen orthen. Im Jahr 1649 d. 4. November hab ich diesen Scharff geschossen.“

Der „dunkelgrüne“ Vogel kann eindeutig der Unterart sinensis zugeordnet werden. Baldner wartet allerdings mit einigen Ungereimtheiten auf. Der Vogel in Abb. 4,

der in der in Kassel lagernden Abschrift seines Werks abgebildet ist und den er laut beistehendem Text selbst geschossen hat, ist im voll ausgeprägten Prachtkleid dargestellt. Hierfür liegt das angegebene Datum, der 4. November, zwar sehr früh, ist aber nicht unmöglich. Grundsätzlich auszuschließen ist jedoch, dass der Vogel zu diesem Zeitpunkt bereits die im Gemälde deutlich zu erkennenden orangerot gefärbten Zügel aufwies, ein Merkmal, welches ausschließlich zur Balzzeit in Erscheinung tritt (Bauer & Glutz von Blotzheim 1966). Daher ist entweder das Schussdatum fehlerhaft oder aber der Maler der Kasseler Kopie, vermutlich Johann Jakob Walther (s. u.), hatte einen anderen Vogel nach einem unbekannten Vorbild übernommen. Vermutlich ist Letzteres der Fall. Die betreffende Hand-schrift ist eine reich bebilderte Prunkschrift, für die vermutlich ein besonders farbenprächtiges Ensemble von Abbildungen gefordert war, was die nicht zum Schussdatum passende Darstellung eines Kormo-rans im vollen Balzkleid erklären würde. Baldners Beschreibung der optischen Merkmale des tatsächlich geschossenen Exemplars ist überdies sehr ungenau. Sie weist am ehesten auf einen juvenilen Kormoran hin. Jungvögel allerdings beschreibt er wiederum separat, jedoch ebenso ungenau und kaum passend als „gelb“.

Ein an Baldner (1666) stark angelehnter Text findet sich in der Ornithographia des ebenfalls aus Straßburg stammenden und mit ihm verwandten Miniaturisten Johann Jakob Walther, der hier einen anderen, juve-nilen Kormoran abbildet.

Abb. 4: Der Kormoran bei Baldner 1666, 2° Ms. phys. et hist. nat. 3 , f. 22r. Universitätsbibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel. – Cormorant in Baldner 1666.

248 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

Das dreibändige Werk entstand zwischen 1639 und 1668. Den Kormoran begleiten folgende Aussagen (Walther 1668):

„Carbon aquaticus. Ein Scharb.Der Scharb Ist bey uns unbekant, und werden derer sehr wenig gefangen. Ist ein Wasser Vogel und rech-ter fischfreßer, darzu ihn die Natur wol ausstaffirt, und mit einem solchen Schnabel versehen, darmit er die schlüppferige Ael, und andere wol halten kan, sie haben ein sehr starcken geruch von Fischen, und dahero unlieblich zu eßen, seine länge vom kopff bis zun füßen gemeßen ist drei werkschuch und drey zoll, der schnabel eines fingers lang. Er hatt eine zungen nicht größer als ein Erbis, seine ausgespanten flügel waren 4 schuch und 8 zoll weit, sie werden auf den großen Riuieren, dem Rheyn und der Ill gefangen, sie nisten gleich den Merchen auff hohe bäum, ihren schwantz brauchen sie zu schwimmen, haben ein grob geschrey, ihre augen seint wie grünes graß, Ihre ganze schwere ist bey acht pfunden.“

Es finden sich noch weitere Bezüge zwischen Walther und Baldner. Es kann an dieser Stelle jedoch nicht geklärt werden, wer wen in welcher Weise beeinflusste. Vor allem die Widersprüche bei Baldner machen eine Beurteilung der beiden Quellen und des tatsächlichen damaligen Status des Kormorans schwierig und lassen ein nur unscharfes Gesamtbild entstehen. Die Aussagen von beiden Autoren, dass der Kormoran „unbekannt“ und nicht häufig war, macht am ehesten ein sporadi-sches Auftreten als Zug- und/oder Winterrastvogel im Raum Straßburg wahrscheinlich.

KönigseeEine eher seltene, aus dem Südosten stammende schrift-liche Erwähnung beinhaltet das 1675 entstandene Lob-lied auf den Fischmeister Urban Fürstmüller, das im Jahr 1704 auf einer Tafel am Jägerhaus „St. Bartholme“ am Königsee im Berchtesgadener Land, in der Nähe der Eiskapelle, angebracht wurde (Görres 1846):

„Drei und vierzig Gambsgeier eben Mit seinem Schießen bracht um‘s Leben.Der Scharmvogel im See gar viel schaden kann,Hat auch etlich gebracht dervon.Drei Reiger hat er mit VerlangenSo wohl auch drei Auerhahnen gefangen...“

Der Königsee ist in der Frage der früheren Vorkommen im Binnenland bislang wenig diskutiert – womöglich zu Unrecht?

„Louwa von Moritzburg“: Elbe bei Meißen 1681In der Galerie des Schlosses Moritzburg bei Dresden hängt das Bild eines Kormorans auf einem Erdhaufen mit Schilf oder Gras, im Hintergrund eine chinesische Landschaft mit Kormoranfischern und 12 Kormoranen in verschiedenen Positionen (Abb. 5). Auf dem Bild findet sich die Inschrift „Louwa“. Die Darstellung lehnt

sich an ein Bild in Nieuhofs Reisebericht einer nieder-ländischen Gesandtschaft nach China an, wo Kormo-ranfischerei beobachtet worden war (Nieuhof 1666). „Louwa“ ist der dort angeführte chinesische Name für den Kormoran. Im oberen Bereich des Gemäldes zu Moritzburg findet sich folgende Erläuterung:

„Anno 1681 in Früh Jahre, ist von Tit: etc. Hanns Wil-helm von Auerswalda zu Diere. gegenwerdiger unbe-kannter Vogel uff den Zadelichen werde der Elbe, von einer Eichen geschoßen worden, u. hatt in seinen Halse gehabt eine Barme [Blei - d. Verf.] fast Arms starck wel-cher zur Raridäd u. gedächtnis ist abgemahlet wor-den.“

Der Ort Zadel liegt etwa 6 km unterhalb von Meißen an der Elbe. Bemerkenswert ist die Aussage, dass es sich um einen „unbekannten Vogel“ handelte, welcher als „Rarität“ abgebildet wurde.

3.3 Vorkommen im 18. JahrhundertVom Ende des 17. bzw. aus dem 18. Jh. liegen zahl-reiche Quellen vor, die ein Vorkommen des Kormo-rans im norddeutschen Tiefland sowie in Ostpreußen belegen.

Abb. 5.: Der in der Galerie Moritzburg abgebildete Kormo-ran mit Erläuterungen zum Abschuss eines Vogels im Jahr 1681 an der Elbe bei Meißen. Bildarchiv Staatliche Schlosser, Burgen und Gärten Sachsen GmbH, Schloss Moritzburg und Fasanenschlösschen. – The Cormorant illustration from the gallery Morizburg, with comments on the shooting of one bird 1681 at the river Elbe near Meißen.

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Abschussprämie im Herzogtum Mecklenburg-SchwerinAm 22. Mai 1693 erteilte der damalige Herzog zu Mecklenburg-Schwerin, Friedrich Wilhelm I., sei-nen „Unterthanen und Angehörigen“ den Befehl „daß ihr euch treues Fleisses angelegen seyn lasset /damit alle schädliche Thiere und Vögel aller Ohrten […] wegge-schossen und abgethan werden mögen“ (Anonymus 1840). Die Anordnung enthält eine Liste von Arten, deren Abschuss durch Prämien vergütet wurde. Die Liste der Vögel umfasste neben Greifvögeln auch den Kolkraben und den Kormoran (unter der Bezeichnung Wasser-Rabe). Die Prämien reichten bei den Vögeln von 4 bis 24 Schilling. Der Abschuss eines Kormorans wurde mit 5 Schilling vergütet und lag im Wert damit etwas über dem der meisten Greifvögel, für die lediglich 4 Schilling bezahlt wurden. Nur Uhu und Fischadler (8 Schilling) sowie See- und Steinadler (24 Schilling) wurden höher vergütet.

Angesichts der in der Anordnung gegebenen Begründung für die Maßnahmen, dass die aufgeführ-ten „Raubthiere und Vögel heuffig sich vermehren / und fals dieselbe nicht möglichst aus dem Wege geräumet würden / verschiedener grosser Schade daraus erwachsen könne“, ist hier von Brutgeschehen auszugehen. Die Prämien zeigten offenbar Wirkung. In einer Forstord-nung von 1709 ist der Kormoran nicht mehr aufge-führt (Anonymus 1722). Möglicherweise zwangen die Nachstellungen die Kormorane, ihre Brutplätze im Herzogtum Mecklenburg aufzugeben und nach Brandenburg überzusiedeln, wo um 1700 bei Lindow (Mark) ein Brutplatz bestand (s. u.).

Johann Christoph Bekmann (1641-1717) und Bernhard Ludwig Bekmann (1694-1760)Im 18. Jh. können dank einer zunehmend wissenschaft-lichen Behandlung des Themas in kürzerem Zeitraum mehrere direkte Nachweise von Kormoranbrutplätzen mit geographischem Bezug erbracht werden. Zunächst ist es das Werk „Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg“, begonnen von Johann Christoph Bekmann, ergänzt und vollendet von seinem Großneffen Bernhard Ludwig Bekmann, welches zwei davon bereithält (Band I, 1751):

„Scholwern,... eine ahrt von grossen Wasservögeln, wel-che sich vor etwa 50 jahren (= um 1700 – d. Verf.) und drüber etliche jahr lang bei Lindau (Lindow (Mark) – d. Verf.) aufgehalten, und an Fischen grossen schaden gethan: indem sie die gröste Fische unter dem wasser hervor geholet und verzehret. Sie sein schwarzglänzend von federn auf dem rükken, und unter dem bauch weiss gewesen, haben grosse krumme schnabel, auch grosse rachen gehabt, in welche sie anfangs die Fische ver-schlukket, und hernach ausgespien und gefressen. Man hat bei sogestalten sachen ihnen fleißig nachgestellet und grosse mühe gehabt, sie auszurotten.“

Brutgeschehen wird nicht explizit erwähnt, zudem lässt die Beschreibung Jungvögel vermuten. Aber aufgrund der offenbar hohen Anzahl sowie des Vorkommens „etliche jahr lang“, dem „fleißigen Nachstellen“ und den Abschussprämien im benachbarten Herzogtum Mecklenburg-Schwerin ist die Existenz einer Kolonie wahrscheinlich.

Etwa 70 Kilometer östlich davon, zwischen Polßen und Biesenbrow in der Uckermark (vielleicht an den Hintenteichen) bildete sich um 1737 eine Kormoran-kolonie. Bekmann & Bekmann (1751) berichten, es habe sich dort...

„eine besondere ahrt Vögel sehen lassen, die einer grossen Türkischen ente (= Moschusente – d. Verf.) nicht unähnlich, schwarz von farbe und mit gänse-füssen versehen gewesen; welchem ohngeacht sie sich doch beständig auf den bäumen aufgehalten, auf selbigen auch gehekket und 10 bis 12 jungen ausge-bracht. Den folgenden Winter hat man sie nicht weiter gesehen.“

Johann Leonhard Frisch (1666 – 1743)In der 1. Hälfte des 18. Jh. trat der Kormoran in der norddeutschen Tiefebene offenbar recht regelmäßig auf, sei es als Brut- oder auch als Rastvogel. Johann Leonhard Frisch berichtet im Jahre 1740 zunächst von einem „Taucher“, der in der Mark Brandenburg gefangen wurde und den er nutzt, um den „Chinesi-schen Fischtaucher“ wissenschaftlich zu behandeln und vorzustellen. Mitgeliefert wird eine farbige Abbildung, die einen jungen Kormoran wohl im ersten Lebensjahr zeigt, dessen Kehlsack übertrieben groß dargestellt wird (Abb. 6; Frisch 1740).

23 Jahre später unterteilt Frisch den Kormoran in seiner „Vorstellung der Vögel Deutschlands und beyläu-fig auch einiger Fremden“ in zwei verschiedene Arten (Frisch 1763):

Abb. 6: Der in Brandenburg gefangene „Taucher“. – The „diver“ caught in Brandenburg.

250 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

„II. Der schwartze Gans=Taucher oder See=Rabe....man trift sie öfters an der Oder und andern Gewäs-sern unter ganzen Heerden weiser Gänse an, wie denn gegenwärtiger den ich bekommen bey eben solcher Gelegenheit zu Nieder-Finow (nur rund 30 km süd-lich von Biesenbrow – d. Verf.) geschossen worden... Man sieht ihn oft auf die in der Oder am Ufern ver-schwämmten und hervorstehenden dicken Aesten und Bäumen sitzen, und auf denen entfernten Land-seen herumschwimmen...

III. Der braune Gans=Taucher, Kropf=Taucher...Er nistet auf den Bäumen und läßt sich unter andern Wasservögeln auch in unsern Landseen und Flüssen sehen, wie denn derjenige welchen ich ausstopfen lassen in der Mark Brandenburg geschossen (wohl der Vogel von 1740 auf Abb. 6 – d. Verf.)...“

Brutvorkommen im Hopelser Wald, OstfrieslandIn den Akten des Staatsarchivs Aurich (Az.: Rep. 4-B II e-34; zitiert nach Schäfer 2000) findet sich ein Beleg für ein Brutvorkommen des Kormorans in Ostfriesland, Niedersachsen. Die Kormorane brüteten hier zusam-men mit Reihern ungefähr ab 1710 bis zur Zerstörung ihrer Kolonie im Jahr 1735. Die Akten tragen die Auf-schrift „Die Vertilgung der Wasserraben und Reyher aus dem Hopelster Gehöltz im Friedeburger Amt betreffend 1735, 1736“. Schäfer (2000) gibt auf der Grundlage der in den Akten verfügbaren Dokumente folgende Schilderung der Ereignisse:

„Der Drost des Amtes Friedeburg, von Capelle, übersandte einen geschossenen Wasserraben an den Hof nach Aurich und schrieb am 22. April 1735 u.a.: "berichte dabey unterthänigst, dass sie seit Viertelhun-dert jahr stark angebrütet haben, und kann sie sambt den Reyhern nicht sollten verjaget werden, das Holtz ganz ruinieret wird." Er schlug den Abschuss der Vögel durch den gräflichen Jäger vor: "Es wäre aber itztund die beste Zeit den anfang zu machen, indehm einige die schon junge haben, müßten verhungern und umbkom-men, die übrigen müßten ihre eyer verlaßen. Es muß aber des morgens ganz früh bis in den abend spät, 14 Tage unter fleiss geschoßen werden." Der Vorschlag des Drosten wurde dem Oberforstmeister von Wolfframs-dorf zur Stellungnahme vorgelegt. Er befürwortete das Unternehmen und bewilligte 10 Pfund Pulver und 50 Pfund Schrot. Er schlug jedoch weitergehende Maß-nahmen vor: "Es würde aber die Vertilgung derselben noch sehr von Statten gehen, wenn nebst dem täglichen Schießen, auch itzo etwa die Unterthanen, oder sonsten jemand, befehligt werden, die Nester soviel möglich, herunterzureißen." Das Dekret zur Vernichtung der Kormorane und Reiher im Hopelser Gehölz wurde am 3. Mai 1735 in der Kanzlei zu Aurich ausgestellt. Ausdrücklich wurde darin die Verwaltung des Amtes Friedeburg beauftragt, auch Soldaten der dortigen Gar-

nison und "andere freiwillige Leute zur ausrottung der Raben und Reiher" heranzuziehen. Der Erfolg schien nicht vollständig eingetreten zu sein - sicherlich eine Folge der langsamen Entscheidungsprozesse. Ein Jahr später, am 11. März 1736, berichtete der Drost Capelle, "dass die Reyher bis auf ohngefähr zusammengehöriger 20 paar mit einiger ihrer Jungen frey gekommmen sind, die Wasserraben aber, haben sich nach der Schießerei gar nicht wieder sehen lassen." Kritisch fügte er hinzu: "und wan ich das Pulver und Schroth drey Wochen früher gehabt hatte, würden vielleicht die Reyher sich auch davon gemacht haben."

Die Entfernung vom Hopelser Wald zum Jadebusen betrug damals nur 16 km. Am Rande des Waldes exis-tierte ein Binnensee, das Hopelser Meer. Das Nahrungs-angebot für den Kormoran war also günstig. Limitie-rend waren eher die Brutmöglichkeiten in Ostfriesland – der Hopelser Wald war seinerzeit weit und breit das einzige Gehölz, welches eine derartige Kolonie beher-bergen konnte (Schäfer 2000). Die Brutansiedlung in Ostfriesland ist sicherlich im räumlichen Kontext mit den zu jener Zeit bestehenden niederländischen Brutvorkommen im Zevenhuizense bos bei Rotterdam (s.u.) zu sehen. Die Entfernung zwischen den beiden Orten beträgt lediglich 200 km.

Jakob Theodor Klein (1685 – 1759)Spätestens ab 1750 sind für das Ermland Kormo-rankolonien überliefert. Diverse Werke von Jakob Theodor Klein, zu Lebzeiten Mitglied der Danziger Naturforschenden Gesellschaft, belegen Brutvorkom-men für das heute in Nordostpolen gelegene Gebiet. Dabei beschreibt er vermeintliche Mischkolonien von angeblich zwei Kormoranarten. Für die erste führt er 1750 in seinem in Latein verfassten Historiae avium prodromus die Gattungsnamen Plancus bzw. Corvus sowie die Artbezeichnungen lacustris bzw. aquaticus an, zu deutsch Seewasser=Rabe. Außerdem übernimmt er von Albertus Magnus den Namen Feucht=Ars und von Gessner (1555) die Bezeichnung Schlucker (Klein 1750). Letztere jedoch war ursprünglich eine reine Vermutung Gessners, mit der dieser versuchte, den Namen Schalucher zu erklären und die irrtümlich als Beleg fortgeführt wurde. Tatsächlich jedoch dürfte Schlucker für den Kormoran nie existiert haben (Suo-lahti 1909). Die posthum veröffentlichte und zumin-dest bzgl. des Kormorans inhaltlich unveränderte Vor-bereitung zu einer vollständigen Voegelhistorie war eine deutsche Übersetzung von Klein (1750):

„V. Seewasser=Rabe, Feuchtars, Schlucker, lat. Plancus, Corvus lacustris, aquaticus... Cormorant Will[oughby]...Der obere Rumpf ist etwas schwarz oder erdfarbig mit wenigen gelben vermischt, und von weißer Brust und Bauche. Die Spitzen der Ruderfedern sind aschgrau,

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der Schnabel lang und am Ende etwas gebogen mit einem sehr spitzigen Haaken. Die Augen liegen nahe bey dem Winkel des Rachens. Die Füße und Zehen sind schwarz. Aus der (sic – d. Verf.) Hirnschädel wächst am Hinterkopfe ein Knochen, welcher drey Zoll lang, dünne und breit ist, vom Anfange nach und nach in eine scharfe Spitze zugeht, und sich auf den Muskeln des Halses veste setzt; dergleichen ich noch bey keinem Vogel vorgefunden habe.“

Die zweite von ihm bestimmte „Spezies“ beschreibt er wie folgt:

„VI. Seekrähe, Seeheher, lat. Plancus, Corvus minor, aquaticus, Graculus palmipedes, engl. The Cocot, the Sea-Crow, the Shag; The Crane, Will[ughby]. Charl[eton]. Sibb[ald].Ist ein wenig größer als eine gemeine Ente, und hat einen geraden, langrunden und am ende gekrümmten Schnabel, davon der Obertheil schwarz, der Unterteil aber strohfarbig ist. Der Rumpf ist oberwärts purpur-farbig, unterwärts aber grau, und unter dem Kinne weiß. Er nistet eben so wie der Schlucker auf den Bäumen, auch in Preußen.“

Dass es sich bei letzterer „Spezies“ um die Krähen-scharbe Ph. aristotelis handelt, wie man aufgrund Kleins englischer Übersetzung und deutscher Namensgebung vermuten könnte, ist kaum anzu-nehmen. Aufgrund ihrer Brutgewohnheiten als Fel-senbrüter auf steilen Klippen (Bauer & Glutz von Blotzheim 1966) erscheint eine Baumbrut des im Ostseeraum sehr seltenen Gastes zusammen mit dem Kormoran Ph. c. sinensis von vornherein als äußerst unwahrscheinlich. Die Texte lassen Kleins Irrtum dabei erahnen. Zwar beschreibt er auch beim „Seewasser=Raben“ (=P. c. sinensis) ein Jugendkleid mit grau-weißem Unterkörper, aber bei seiner „See-krähe“ ist zu vermuten, dass er größere Nestlinge irr-tümlich für die Krähenscharbe aus ihm verfügbaren ornithologischen Fachbüchern hielt. So diente ihm die Beschreibung von Willughby (1676) als Vorlage für seine „Seekrähe“. Die Wortwahl in Klein (1750) ist nahezu identisch, wenngleich deutlich gekürzt. Zudem übernimmt er die unzutreffende Angabe, dass die Art auch auf Bäumen brüte, was ihn letztlich in die Irre führte. Die Krähenscharbe war Klein daher aus eigener Ansicht vermutlich nicht bekannt.

Naumann & Naumann (1842) schreiben hierzu:

„Durch ihren stärkeren Körperbau und die gegebe-nen Artkennzeichen unterscheidet sie (die „Kormoran-Scharbe“, also Phalacrocorax carbo – d. Verf.) sich leicht von den übrigen, namentlich auch von der Krähen-scharbe, hier besonders, wenn man auf den sehr ver-schiedenen Schnabelbau Acht hat. Den älteren Orni-thologen muss dies aus Mangel mehrerer Bekannt-schaft nicht so leicht gewesen sein, weil manche die

Kormoranscharbe im Jugendkleide für die Krähen-scharbe halten konnten, weshalb selbst zu Bechsteins Zeiten über die Artverschiedenheit des Linneschen Pelecanus carbo und P. graculus oder der gegenwär-tigen und der hier zunächst folgenden Scharbe sich noch Zweifel erhoben. Bei dem jetzigen Stande der Wissenschaft und besserer Kenntnis des Gegenstandes ist es nun leichter geworden, diese beiden, in der Natur wohl begründeten Arten sicher zu unterscheiden, auch in ihren Jugendkleidern nach beiderlei Arten.“

Daher sind Kleins Ausführungen ausschließlich als gesicherte Nachweise für den Kormoran Ph. c. sinen-sis anzusehen. Das abschließende Kapitel „Von den Streich= und Zugvögeln“ aus der Vorbereitung zu einer vollständigen Voegelhistorie (Klein 1760a) bietet fol-gende weiterführende Informationen:

„Die Wasserkrähen, sowohl der größere als der kleinere (sic – d. Verf.), kommen bey uns (Danzig [Gdańsk] – d. Verf.) selten, öfters aber in Wermeland (Ermland – d. Verf.) vor.“

Während Klein in der Artbeschreibung der „See-krähe“ von 1750 Preußen im Allgemeinen als Brut-platz benennt, präzisiert er hier den unterschiedlichen Status des Kormorans innerhalb der Region (= selten bei Danzig, Brutvogel im Ermland).

1759, in den Stemmata avium, erwähnt er den Vogel folglich ebenfalls unter Bezug auf ganz Preußen (Klein 1759):

“Anno 1749, avem denuo ex Carthusia obtini bene farctam... Cum corvo minore Seekrähe nidulantur apud nos in arboribus, victum ex aqua quaerentes.”

„Im Jahre 1749 erhielt ich erneut einen gut ausge-stopften [Kormoran] aus der Kartause... Mit der See-krähe nisten sie bei uns in Bäumen, ihr Futter im Wasser suchend.“

Die einzelnen Texte werden 1760 in Kleins Verbesser-ter und vollständigerer Historie der Vögel schließlich wie folgt zusammengefasst (Klein 1760b):

“[Die “Seekrähe”] nistelt wie die Wasserraben auf Bäumen. Beide Gattungen sind bei uns in Preußen bekannt.”

Für die Danziger Gegend ist, anders als für das Erm-land, anhand dieser Quellen für die Mitte des 18. Jh. lediglich ein Zugvorkommen des Kormorans anzu-nehmen.

Friedrich Samuel Bock (1716 – 1785)Friedrich Samuel Bock beschreibt in seinem Werk „Preußische Ornithologie“ (1778) den Kormoran als eine „besondere Art der Baumenten (Anas arborea)“ und gibt dabei auch ein Brutvorkommen östlich des Ermlandes an.

252 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

„85) Baumente, Anas arborea...Eine besondere Art dieser Baumenten trifft man um den Lewentiner-See (= Löwentinsee, Jezioro Niegocin) bei Lötzen (Giżycko in Ostpreußen – d. Verf.) an, wo sie auf den Fichten nisten. Sie sind von schwarzer Farbe, mit einem etwas gebogenen Schnabel, fast wie an den Raubvögeln. Sie können ihren Kropf ungemein erwei-tern, und viele grosse Fische darinnen beherbergen. Bey diesem Fischraube schwimmen sie theils über dem Wasser, theils tauchen sie sich unter und bleiben zu ganzen Stunden unter demselben.“

Der volkstümliche Name Baumente wurde z. B. in Brandenburg für den Gänsesäger verwendet (Bolle & Hausmann 1855). In seinem späteren Werk Ver-such einer wirthschaftlichen Naturgeschichte von dem Königreich Ost- und Westpreussen verwendet Bock den Begriff ebenfalls für den Gänsesäger, erwähnt aber gleichzeitig, dass dieser lokal (im Ermland und im Lötzenschen) auch für den Kormoran verwendet wurde (s. u.).

Ein paar Seiten weiter übernimmt er – als eigene Art – Kleins Angaben zum Kormoran, vermischt dabei dessen Aussagen zum Corvus lacustris bzw. minor und fügt noch Linnaeus Benennung der Krähenscharbe (Pelicanus graculus) hinzu (Bock 1778):

„93) Der Wasserrabe, Pelicanus graculus, Seerabe, Schlucker, Hydrocorax, Corvus lacustris, poln. Chra-cholec. Er findet sich in Preussen bey den Landseen in der Lötzenschen Gegend, setzet sich aber auch auf die Bäume. Auf dem Rücken spielet die Farbe seiner Federn ins Purpurrothe, oder graulichbraune. Auf der Brust ist er schwarz, und um den Kopf weißgefleckt. Klein hat ihn als ein Augenzeuge beschrieben.“

1784 ändert Bock seine Beschreibungen:

„88. Tauchergans, großer Taucher (=Gänsesäger – d. Verf.).Nach Kleins Klassifikation, gehöret er zu den Säge-schnäblern, welcher Name dieses Geschlecht sehr wohl bezeichnet. In Preussen wird er die Baumente genannt. Er hat einen langen Hals, schwimmt fast allezeit über dem Wasser, und tauchet öfters unter. Das Weibchen, so eben itzt vor mir ist, hat völlig die Größe einer zah-men Hausente. Der obere Theil des langen, fast runden, von beyden Seiten gezähnelten Schnabels ist am Ende in einen krummen und breiten Haken umgebogen. Der obere Kiefer ist schwarz und an beyden Seiten röthlich, der untere völlig roth, die Nasenlöcher weit und läng-lich geöfnet. Auf dem Kopf hangen einige rostfarbige lange Federn nach dem Halse herab. Diese Rostfarbe haben auch die Federn bis an die Hälfte des Halses. Der Rücken samt den Flügeln ist hellgrau, der Bauch weiß, die Füße röthlich...

Die von mir beschriebenen Vögel nisten um Johann[i]s- burg in hohlen Bäumen, am Leventinsee auf Fichten, und legen bis 15 Eyer.[...]93. Der See=WasserrabeEr findet sich bey den Landseen im Ermländischen, Lot-zenschen und andern Orten, setzet sich aber auch auf die Bäume, und wird deshalb hier auch die Baumente genannt. Seine vier Zehen sind durch eine Haut verbun-den. Auf dem Rücken spielet die Farbe der Federn ins purpurrothe, oder graulich braune. Auf der Brust ist er schwarz und um den Kopf weiß gefleckt. Klein hat ihn als ein Augenzeuge beschrieben. Man könnte diesen und die Kropfgans zur Jagd abrichten.“

Dass Bock das Nisten auf Fichten nun irrtümlich unter Nummer 88 dem Gänsesäger (Tauchergans) zuordnet und nicht mehr dem Kormoran, lässt darauf schlie-ßen, dass er die 1778 von ihm am Löwentinsee veror-tete Kolonie nicht aus eigener Anschauung, sondern nur aus dem Bericht eines Gewährsmannes kannte. Aus Lötzen und dem ebenfalls erwähnten Johannis-burg stammten jeweils zwei der Subskribenten seines Werks. Nach der ersten Veröffentlichung scheint es zu Fehlinterpretationen aufgrund der spärlichen Beschrei-bung der Kormorane von 1778 (schwarze Färbung, gekrümmter Schnabel, Tauchverhalten...) sowie des Volksnamens Baumente gekommen zu sein. Inwiefern Frisch, der in Kleins Verbesserter und vollständigerer Historie der Vögel beim Wasserraben als Quelle genannt wird, mit seiner deutschen Namensgebung („Der schwartze Gans=Taucher oder See=Rabe“, „Der braune Gans=Taucher, Kropf=Taucher“) noch zur Konfusion beitrug, lässt sich nur erahnen.

Trotzdem hatte Bock den Kormoran mittlerweile genauer studiert. Darauf deutet seine korrekte Zusam-menführung der beiden „Arten“ Kleins unter Nummer 93 hin. Dabei schildert er auffälligerweise kein Brutver-halten, sodass ihm auch 1784 noch keine Kolonien aus eigener Anschauung bekannt gewesen sein dürften, was letztlich manche Widersprüche erklärt. Als gesichert gelten dürfen trotzdem Baumbruten des Kormorans im Ermland als auch am nicht weit östlich davon gelegenen Löwentinsee zwischen 1750 und 1784.

Jacob Benjamin Fischer (1731-1791)Fischer (1778) gibt zum Kormoran folgende knappe Meldung aus dem Livland:

„Er nistet an unserem Seestrande auf hohen Bäu-men.“

Ludwig Wilhelm Brüggemann (1743-1817)Ludwig Wilhelm Brüggemann schreibt 1779 in einem Werk Über die Naturgeschichte von Pommern:

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„An Vögeln, besonders Wasser und Strandvögeln, ist dieses Land sehr reich... Unter den von den Schrift-stellern schon beschriebenen gehören vorzüglich der schwarze Storch, der Eisvogel (Alcedo ipsida Linn.) und der Seerabe (Pelecanus Carbo Linn.) hieher.“

Brüggemann nennt den Kormoran als Charaktervo-gel seiner Heimatstadt Stettin. Brutgeschehen muss nicht zwangsläufig den Hintergrund bilden. Regel-mäßige Rastvorkommen sind angesichts der Brut-nachweise aus dem Ermland und Livland ebenfalls möglich.

Friedrich Meisner & Heinrich Rudolf SchinzAbseits der Ansiedlungen in Ostpreußen ist vom Bieler-see in der Schweiz folgende Episode überliefert (Meis-ner & Schinz 1815):„Sprüngli erhielt einen [geschossenen Kormoran] im Juni 1768 von der Insel im Bielersee, wo ein Päärchen miteinander sich eine Zeit lang hatte sehen lassen. Vielleicht daß sie, wären sie nicht getrennt worden, dort gebrütet hätten, welches ihre späte Erscheinung fast vermuthen lässt.“

3.4 Der Kormoran in den NiederlandenDie deutschsprachigen historischen Quellen zum Kor-moran liefern keine Informationen über sein Auftreten bzw. zu Brutvorkommen in den Niederlanden. Da die Niederlande jedoch zum Kernverbreitungsgebiet des Kormorans in Mitteleuropa gehört und mindestens ab Mitte des 15. Jh. Kormorankolonien beherbergte, ist eine Betrachtung dieses Gebiets unerlässlich, um das Auftreten der Art im deutschsprachigen europä-ischen Binnenland interpretieren zu können. Die nachfolgende Darstel-lung beruht auf der Arbeit von Jan de Rijk „Human impact on birds in The Netherlands 1500-1920“ (in Vorber.).

Knochenfunde des Kormorans sind in den Niederlanden aus 33 Gra-bungen bekannt, davon 17 aus vor-christlicher Zeit sowie neun aus dem ersten und sieben aus dem zweiten Jahrtausend nach Christus. Soweit durch Schriftquellen rekonstruierbar, brüteten bis in das 19. Jh. hinein die meisten großen Wasservögel in nur einer gemeinsamen Kolonie, deren Standort mehrere Male kleinräumig wechselte: von vor 1356 bis 1377 befand sich der Brutplatz im Goudse bos (niederl. bos = Wald), von vor 1471 bis ungefähr 1740 im Zeven-huizense bos. Zuletzt verlagerte sich das Brutgeschehen von 1740 bis 1873

auf die Insel Schollevaarseiland (niederl. schollevaar = Kormoran). Alle Orte liegen in der Nähe von Rotterdam. Der Kormoran ist für den Zevenhuizense bos und die Insel Schollevaarseiland als Brutvogel belegt. Daneben gab es in den Niederlanden bis 1800 nur wenige und zudem deutlich kleinere Brutplätze des Kormorans. Spätestens ab 1792 brütete er im Biesbosch, wo er erst-mals als Schädling bekämpft wurde. Ab ungefähr 1850 befanden sich die größten Kolonien, Horstermeer und Naardermeer, in der Nähe von Amsterdam.

Aus allen Kolonien liegen Angaben über das Brüten von Graureihern und Löfflern Platalea leucorodia vor, aus den Kolonien bei Rotterdam auch von Nachtrei-hern und aus dem Goudse bos zudem von Silberreihern Casmerodius albus. Die Kolonien in den Sumpfgebieten Goudse bos und Zevenhuizense bos wurden von den adligen Besitzern gehegt, z. B. durch das Anpflanzen von Brutbäumen, um sie für die Hohe Jagd mit Fal-ken auf den Graureiher zu nutzen. Die anderen Arten einschließlich des Kormorans profitierten von diesem Schutz. Jedoch wurde darauf geachtet, dass die Arten streng getrennt brüteten und keine Mischkolonien ent-standen, um den Brutbestand der Graureiher nicht der Konkurrenz durch die anderen Arten auszusetzen. Die großflächigen Areale wurden mit Kanälen umgeben. Der Zugang erfolgte über eine einzige Eingangspforte, wodurch die Kolonien gegen Wilderer weitgehend geschützt waren (Abb. 7). Zusätzlich wurden Gesetze erlassen, die das Wildern untersagten. Zwischen 1500 und 1800 wurde der Kormoran in ungefähr 30 der-artigen Gesetzen in sieben holländischen Regionen erwähnt.

Kormorane wurden nach den Quellen hauptsäch-lich im Nestlingsalter zu Nahrungszwecken entnom-

Abb. 7: Kanäle ringsum und eine Eingangspforte schützten die Kolonie im Zeven-huizense bos (Zeichnung von Jacob Lois, 1671). Auch eine Karte aus dem Jahr 1564 zeigt die Kanäle sowie die Eingangspforte. Archiv Rotterdam. – Surrounding canals and a gate protect the colony in Zevenhuizense bos (drawing by Jacob Lois, 1671). Canals and gate are also shown in a map from 1564.

254 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

men. Sie wurden noch vor dem Flüggewerden durch kräftiges Schütteln der Brutbäume aus dem Nest geholt. Für die Jahre 1573 bis 1575 liegen hierzu aus dem Zevenhuizense bos detaillierte Aufzeichnungen vor. Pro Jahr wurden zwischen 1.500 und 5.000 nestjunge Kormorane „geerntet“. Diese Methode wird auch im 17. Jh. geschildert, u. a. von Hegenitius & Ortelius (1630).

Mitte des 18. Jh. wurde zunächst der Graureiher in einem Jagdgesetz der Provinz Drenthe als Schädling eingestuft. Ein paar Jahrzehnte später zählten auch die anderen Arten nicht mehr zum Jagdwild, wodurch ihr Schutz ebenfalls erlosch. Erstmals als Schädling bekämpft wurde der Kormoran ab 1792 im Biesbosch (südlich von Rotterdam), aber vor allem während der französischen Besatzung (1795 bis 1813). Landbesit-zer mussten die Nester vernichten und für Eier und getötete Vögel wurden Prämien ausgelobt. Aus einem

Ort in der Nachbarschaft der Kolonie Schollevaarsei-land sind diesbezügliche Zahlen von 1798 bis 1808 bekannt. Anfangs, im Jahr 1800, wurden bis zu 4.500 Eier erfasst. Ab 1805 sind für Eier keine Belohnungen mehr nachweisbar, das Brüten hatte offenbar aufge-hört. Die Anzahl getöteter Vögel pro Jahr schwankte zunächst zwischen etwa 900 und 1.600 und stabilisierte sich später bei rund 400. Aus diesen Zahlen geht her-vor, dass auf Schollevaarseiland wahrscheinlich min-destens 3.000 Paare des Kormorans gebrütet haben. Die systematische Bekämpfung der Kormorane hörte zwischen 1808 und 1812 wieder auf. Dadurch siedelte sich auf Schollevaarseiland schnell wieder eine Brut-kolonie an.

Ein Grund für die erst sehr spät einsetzende Bekämpfung des Kormorans in den Niederlanden dürfte in der Tatsache liegen, dass hier bis ca. 1850 keine Fischzucht betrieben wurde. Diese wurde zudem eher

Abb. 8: In historischen Quellen nachweisbare Brutansiedlungen des Kormorans im deutschsprachigen Raum und in den Nie-derlanden. – Breeding sites of Cormorants according to historical sources in the German-speaking area and the Netherlands.

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im Osten des Landes, fernab der erwähnten Kolonien, etabliert (Drimmelen 1987). Dies erklärt die relativ kurze und wenig konsequente Verfolgung, die ledig-lich vorübergehend durch die französischen Besatzer intensiviert wurde. Erst ab Anfang des 20. Jh.nahm die Verfolgung wieder zu.

4. DiskussionDas Vorkommen des Kormorans in Mitteleuropa ist anhand von archäologischen Knochenfunden ab dem Mesolithikum nachweisbar (Ericson & Hernández 1997, Heinrich 2007, Piehler 1976, Keefer 1996). Die Funde belegen, dass Mitteleuropa schon bald nach dem Ende der letzten Eiszeit besiedelt wurde.

Im Mittelalter liefern etwa ab der Mitte des 9. Jh. Schriftquellen Hinweise auf die Verbreitung des Kor-morans. Die ersten belastbaren Quellen, die althoch-deutschen Glossen, weisen auf ein regelmäßiges Vor-kommen im neunten Jahrhundert am Bodensee hin. Walahfrid Strabo verwendet um 845 den Kormoran als Glosse für den „unreinen“ mergulus. Rund 150 Jahre später umschreibt der Benediktiner-Mönch Notker Labeo den Pelikan mit Hilfe des Kormorans (Piper 1883). Die Verwendung des Kormorans in den Glossen ist nur plausibel, wenn man von einem regelmäßigen Vorkommen der Art in dem betreffenden Gebiet, d. h. am Bodensee und in seinem Umfeld, ausgeht. Ein Hin-weis auf das Auftreten des Kormorans um die Mitte des 12. Jh. am Mittelrhein bei Bingen findet sich bei Hildegard von Bingen. Hinweise, ob die Autoren den Kormoran als Brutvogel kannten oder lediglich als Rast- oder Wintervogel, liefern diese Quellen jedoch nicht. Ein solches regelmäßiges Vorkommen tief im Binnenland weist auf die Unterart Ph. c. sinensis hin. Die atlantische Unterart Ph. c. carbo ist deutlich an die Küsten gebunden und tritt nur sehr vereinzelt im Binnenland auf.

Die Verwendung des Kormorans in mittelalterlichen Flurnamen belegt ebenfalls die Bekanntheit des Vogels vor allem in Norddeutschland (Ewe 1962, Holsten 1963, Lippert 1970), aber auch in Mittel-

(Gersdorf

1864) und Süddeutschland (Buck 1880) sowie in der Schweiz (Harder 1868). Die Flurnamen geben aller-dings keine zeitlich präzisierbaren Informationen. Eben-sowenig ist diesen Namen zu entnehmen, ob der Kor-moran als Brut-, Durchzugs- oder Rastvogel auftrat. Die natürlichen Gegebenheiten einiger dieser Orte lassen allerdings die Schlussfolgerung zu, dass hier Brutplätze bestanden haben könnten (z. B. der Scholverberg im Breiten Luzin bei Feldberg/ Mecklenburg).

Die ersten Beschreibungen von Brutkolonien, die auch Rückschlüsse auf ihre räumliche Lage zulassen, finden sich in dem zwischen 1258 und 1262/63 fertig-gestellten Werk De animalibus von Albertus Magnus. Er beschreibt den Kormoran als „einen schwarzen Was-servogel, der in Flüssen und Meeren Fische jagt“; „er

nistet scharenweise in Bäumen am Wasser“. Weiterhin schildert er das Ausbreiten der Flügel nach dem Fischen sowie das Absterben der Bäume in den Brutkolonien. Diese sehr detailreichen Texte sind, im Unterschied zu anderen Passagen seines Werkes, nicht aus Vor-lagen übernommen, sondern stammen aus eigener Feder. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Hinweis auf die deutsche Bezeichnung Schalucher bzw. scolucher für den Kormoran – ein Begriff, wel-cher auch in späteren Quellen nur für das pommersche Gebiet um Stettin erwähnt wird (Rudbeck 1705). Die detailgetreuen Beschreibungen in Verbindung mit dem Namen Schalucher sind ein Indiz, dass die zugrunde liegenden Beobachtungen in Pommern zu lokalisieren sind. Auch die Erwähnung des Fischens im Meer unter-streicht diese Interpretation.

Die früheste Quelle für ein Brutvorkommen des Kormorans mit Ortsangabe ist ein Befehlsschreiben des Kaisers Karl IV. aus dem Jahre 1377. Darin ordnet der Herrscher die Vernichtung von Brutvorkommen im Gebiet um Breslau an (Korn 1870). Ein weiteres Doku-ment aus dem Jahr 1431 belegt die Existenz einer Kor-morankolonie bei Romberg (Samotwor), 14 km west-lich von Breslau. Der Kormoran brütete hier zusammen mit Graureihern (Klose 1781). Für die Zeit um 1600 berichtet Schwenckfeldt (1603) von Brutkolonien des Kormorans bei Trachenberg an der Bartsch, nur ca. 40 km nördlich von Romberg. Auch im 19. Jh. sind dort Kormoranansiedlungen belegt (Grube 1864, Ausschuss für Beobachtungsstationen der Vögel Deutsch-lands 1880). Die schon ab dem 13. Jh. nachweisbaren Fischzuchtanlagen dürften das Brüten des Kormorans in Schlesien durch die Schaffung geeigneter Bruthabitate und die Verbesserung des Nahrungsangebots begüns-tigt haben. Wie kontinuierlich die Besiedlung Schlesiens durch den Kormoran war, lässt sich den überlieferten Quellen allerdings nicht entnehmen.

Die Niederlande stellten schon im Mittelalter ein bedeutsames Brutgebiet des Kormorans dar und sind dies bis heute geblieben. Die bedeutendsten Brutplätze befanden sich bis in das 19. Jh. hinein in der Umge-bung von Rotterdam und ab Mitte des 19. Jh. in der Umgebung von Amsterdam. Hier brütete der Kormo-ran in sehr langlebigen Kolonien mindestens ab 1471 bis ungefähr 1740 im Zevenhuizense bos sowie von 1740 bis 1873 auf der Insel Schollevaarseiland (Rijk, in Vorber.). Die zahlreichen Angaben zur Größe der Kolonien belegen, dass es sich um einige tausend Brut-paare gehandelt haben musste. Erst im 20. Jh. nahm der Bestand deutlich ab.

Für den Zeitraum 1431 bis 1585 fehlen Quellenbe-lege für Brutansiedlungen des Kormorans in Deutsch-land. Erst in der 1585 erschienenen zweiten Auflage von De avium natura des Schweizer Arztes und Naturfor-schers Conrad Gessner findet sich wieder ein Hin-weis auf eine Brutkolonie bei Sonnewalde, ca. 60 km nördlich von Meißen. Ein weiterer Brutplatz ist durch

256 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

Coler (1598) bei Berlin belegt. Zeitlich und räumlich passen diese Ansiedlungen zu den von Schwenck-feldt (1603) erwähnten Brutvorkommen bei Trachen-berg in Niederschlesien (Entfernung ca. 220 bzw. 260 km). Das ostdeutsche Binnenland scheint demnach in der 2. Hälfte des 16. Jh. – neben den Niederlanden – ein Zentrum der Brutverbreitung des Kormorans gewesen zu sein. Auch spätere Quellennachweise für Brutvor-kommen beziehen sich auf östliche Gebiete: um 1700 sowie 1737 in Mecklenburg und im nördlichen Bran-denburg, in der zweiten Hälfte des 18. Jh. in Ostpreußen (Ermland, Löwentinsee bei Lötzen) sowie in Livland und auf der Kurischen Nehrung (Abb. 8).

Die räumliche Verteilung der durch Quellen beleg-baren Brutkolonien zeigt, dass neben den Niederlanden die Gebiete östlich der Elbe bis Schlesien im Süden und Ostpreußen bzw. Livland im Osten und Norden Zentren der Brutverbreitung des Kormorans in Mit-teleuropa bildeten. In Mitteldeutschland, im Rheintal sowie im Voralpen- und Alpenraum trat der Kormoran hingegen offenbar überwiegend als Durchzügler und Wintergast auf. Eindeutige Brutnachweise fehlen für diese Region im gesamten Untersuchungszeitraum.1

Die Quellenbelege zeigen, dass das Auftreten des Kormorans offenbar erheblichen raum-zeitlichen Schwankungen unterworfen war. Lediglich in den Nie-derlanden war er offensichtlich durchgehend Brutvogel. Während z. B. in den Knochenfunden der frühmittelal-terlichen Siedlung Haithabu (9.-10. Jh.) der Kormoran verhältnismäßig gut vertreten ist, fehlt er vollständig im entsprechenden Fundgut aus hoch- bis spätmittelalterli-chen (11.-14. Jh.) Schichten der nahebei gelegenen Nach-folgesiedlung Schleswig (Ausgrabung Schild; Pieper & Reichstein 1995). Das ist umso bemerkenswerter, als die Fundmenge von Knochen wildlebender Arten in Schleswig wesentlich größer war als in Haithabu. Dies deutet darauf hin, dass der Kormoran im Frühmittelal-ter in dieser Region häufiger auftrat als im Hoch- und Spätmittelalter – oder in letzterem Zeitabschnitt sogar fehlte. Aus den historischen Textquellen erschließt sich weiterhin, dass der Kormoran im ausgehenden 18. Jh. im südwestlichen Ostseeraum offenbar kein Brutvogel war, sondern nur als gelegentlicher Gast auftrat (Siems-sen 1794, Otto 1802, Boie 1819; zusammenfassend s. Herrmann 2011, 2012b). Im Binnenland war er anscheinend noch seltener (Bechstein 1791). Erst im späten 18. Jh. und zu Beginn des 19. Jh. setzte eine rasche Einwanderung von Ph. c. sinensis in den Ostseeraum und in das Binnenland ein (Herrmann 2011). In diesem

1 Kinzelbach (2010) interpretierte die „Beervögel“ in dem um 1600 verfassten „Waidbuech“ des Hans Peter von Firdenheim als junge, noch nicht flugfähige Kormorane. Die beschriebene Jagdmethode – der Fang von „jungen endten und beervögeln“ mittels Netzen im Schilf – spricht jedoch eher dafür, dass sich der Begriff „Beervogel“ auf junge Blesshühner bezog und die Quelle folglich nicht als Beleg für Brutvorkommen des Kormorans am Rhein gewertet werden kann.

Zusammenhang sei auch auf die Untersuchungen von Ericson & Hernández (1997) hingewiesen, die für die Ostsee eine Arealverschiebung zwischen der atlantischen Unterart Ph. c. carbo und der kontinentalen Unterart Ph. c. sinensis belegen. Die Ergebnisse ihrer Analysen von osteo-archäologischen Funden zeigen, dass die zen-trale Ostsee (Gotland, Öland, Stockholm-Archipelago) bis in die Neuzeit hinein von der atlantischen Unter-art Ph. c. carbo besiedelt war; im Zeitraum zwischen 1500 und 1800 räumte diese das Gebiet. Im Detail ist es bislang leider nicht geklärt, wo die Arealgrenzen der beiden Unterarten zu jener Zeit verliefen und wie sich ihre Verbreitungsgebiete zeitlich veränderten. Unklar ist z. B. auch, ob die osteo-archäologischen Funde aus der südwestlichen und westlichen Ostsee (Norddeutschland, Dänemark, schwedische Westküste) aus jener Zeit eben-falls der atlantischen Unterart zuzuordnen sind oder ob hier Ph. c. sinensis auftrat. Ungeachtet der fragmenta-rischen Befunde wird jedoch erkennbar, dass die his-torische Verbreitung des Kormorans im Ostseeraum im Mittelalter und in der frühen Neuzeit erheblichen Veränderungen unterlag.

Auch für den Voralpen- und Alpenraum lassen sich aus den verfügbaren Quellen Schlussfolgerungen über zeitliche Veränderungen bzgl. des Auftretens des Kormorans ableiten. Für die Jahre um 1500 sind hohe Prämienzahlungen für den Abschuss von Kormoranen in Österreich sowie im Gebiet zwischen Rhein, Vier-waldstättersee und vor allem Bern belegt. Dokumente, die Prämienzahlungen durch die Stadt Augsburg bele-gen, weisen für das Jahr 1498 eine vergleichsweise hohe Anzahl geschossener Kormorane auf. Dieser auffallen-den Häufung von Quellen, die eine aktive Bekämpfung des Kormorans belegen, folgt ein längerer Zeitraum, in dem keine Texte zum Vorkommen von Kormora-nen gefunden werden konnten. Erst 1555 beschreibt Conrad Gessner den Vogel wieder für diese Region, nun jedoch als seltenen Wintergast. Auch um die Mitte des 17. Jh. war der Kormoran offenbar ein eher spora-disch auftretender Vogel, wie die Texte von Leonhard Baldner (1666) und Johann Jakob Walther (1668) vermuten lassen. Diese Quellenlage weist darauf hin, dass der Kormoranbestand um 1500 einen zeitweisen Höhepunkt erreichte, danach jedoch rasch abnahm. Ob es sich bei den Tieren um Brutvögel aus dem Voral-pen- und Alpenraum oder aber um Durchzügler und/oder Winterrastvögel aus anderen Gebieten (z. B. aus den Niederlanden) handelte, ist aus den Quellen nicht abzuleiten.

Als möglicher Einflussfaktor für zeit-räumliche Ver-änderungen im Auftreten und in der Häufigkeit des Kor-morans sind die erheblichen klimatischen Schwankun-gen im Zeitraum 800-1800 zu beachten. Von 950-1100 herrschten in der nördlichen Hemisphere vergleichs-weise warme Klimabedingungen (Mittelalterliches Kli-maoptimum). Allerdings war die mittelalterliche Warm-zeit in ihrer räumlich-zeitlichen Ausprägung durchaus

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uneinheitlich (D’Arrigo et al. 2006, IPCC 2007). Die-ser Periode milder klimatischer Verhältnisse folgte die Kleine Eiszeit, die in Mitteleuropa vom Anfang des 15. bis in das 19. Jh. hinein andauerte und deren kälteste Periode im 17. Jh. lag. Insbesondere für das 17. Jh. und auch für das 18. Jh. sind mehrere Extremwinter über-liefert (1607/08, 1657/58, 1683/84, 1708/09, 1739/40, 1783/84). Dass kalte Winter einen regulierenden Ein-fluss auf die Kormoranpopulation haben, ist plausibel, da die Nahrungsverfügbarkeit durch großräumige und lang anhaltende Vereisungen eingeschränkt wird. Neuere Untersuchungen und Beobachtungen bestätigen einen (dichteabhängigen) Einfluss kalter Winter auf die Kor-moranpopulation (Frederiksen & Bregnballe 2000, Herrmann 2012a). Eine Reihe von Quellen belegt, dass der Kormoran in der zweiten Hälfte des 16. Jh. sowie im 17. Jh. – d. h. in der kältesten Phase der Kleinen Eiszeit - großräumig nur noch als sehr seltene Erscheinung auf-trat (s. Gessner 1585, Baldner 1666, Walther 1668; Kormorangemälde in der Galerie Moritzburg). Ledig-lich für Schlesien sind zu jener Zeit Brutvorkommen (Schwenckfeldt 1603) sowie für Böhmen ein offenbar verstärktes Auftreten belegt (Balbin 1679, Andreska 2010). Da Verbreitung und Häufigkeit des Kormorans allerdings auch durch andere Faktoren, unter denen die menschliche Verfolgung sicherlich eine dominante Rolle spielte, beeinflusst wurde, ist eine detailliertere Bewertung der Rolle der Klimaschwankungen kaum möglich.

Ein weiterer Faktor, der die Verbreitung des Kor-morans beeinflusst haben dürfte, sind Maßnahmen zu seiner Verfolgung, insbesondere, wenn sie in Brut-kolonien durchgeführt wurden. Zahlreiche Quellen, die sich auf Brutkolonien beziehen, beruhen entwe-der auf Anordnungen bzw. Beschlüssen zu ihrer Zer-störung oder erwähnen die Bekämpfung derselben (Karl IV. 1377, Klose 1781, Bekmann & Bekmann 1751). Die offenbar schon im Mittelalter in Deutsch-land – im Unterschied zu den Niederlanden – übliche Verfolgung und Zerstörung von Brutkolonien ist eine mögliche Ursache für das Fehlen von Brutnachweisen in Mittel- und Süddeutschland. Andererseits können Bekämpfungsmaßnahmen auch die Verlagerung von Brutkolonien oder auch die Einwanderung in zuvor unbesiedelte Gebiete bewirken (Herrmann 2011). So fällt z. B. die Ausbreitung des Kormorans in den Ostsee-raum zum Ende des 18. Jh. zeitlich zumindest teilweise mit der Verfolgung in den holländischen Brutkolonien (1792-1813) zusammen. Die Einwanderung in den westlichen Ostseeraum begann zwar schon um 1775, der Vorstoß nach Lolland (1810) und die Entstehung einer offenbar sehr großen Kolonie innerhalb kürzester Zeit auf dem Gut Neudorf bei Lütjenburg (Schleswig-Holstein, 1812-1816; Boie 1819, Boie & Ranzau 1820) fällt jedoch zeitlich mit den Bekämpfungsmaßnahmen in den Niederlanden zusammen. Die Niederlande sind als Herkunftsregion der in die Ostsee einwandernden

Vögel anzunehmen, da die Besiedlung von West nach Ost (Fünen – Lolland – Schleswig-Holstein – Pom-mern) erfolgte (Herrmann 2011).

Anthropogene Veränderungen der Landschafts-struktur beeinflussen zweifelsohne die Brutverbreitung des Kormorans. Im Mittelalter waren es vor allem die zahlreichen Fischteichanlagen, die ihm geeignete Lebensbedingungen boten und die Entstehung von Kolonien begünstigten (z.B. in Schlesien, bei Sonne-walde). Im 19. und 20. Jh. entstanden in aufgelassenen Kies- und Tongruben, Steinbrüchen und Abbaugruben des Braunkohletagebaus z. T. großflächige Standgewäs-ser. Die Errichtung von Talsperren und die Anlage von Stauseen führten ebenfalls zur Schaffung geeigneter Lebensräume. Die heutige Brutverbreitung des Kormo-rans in Mittel- und Süddeutschland wurde durch diese Landschaftsveränderungen zweifelsohne begünstigt; in einigen natürlicherweise gewässerarmen Gebieten wurde die Besiedlung überhaupt erst ermöglicht. Die von der Staatlichen Vogelschutzwarte Schleswig-Hol-stein geführte bundesweite Brutbestands erfassung des Kormorans führt z.B. für die mittel- und süddeutschen Bundesländer (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen, Nordrhein-Westfahlen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern) im Zeitraum 1977-2013 insgesamt 175 Brutplätze auf, von denen sich mehr als die Hälfte an anthropogen geschaffenen Gewässern befinden. In Sachsen brütet der Kormoran fast aus-schließlich an künstlichen Gewässern, insbesondere in den Fischteichgebieten der Lausitz sowie in den Folgelandschaften des Braunkohletagebaus. Auch in Nordrhein-Westfahlen und Bayern überwiegen Kolo-niestandorte an künstlichen Gewässern deutlich.

Nicht zuletzt stellt auch die Eutrophierung der Oberflächengewässer durch die landwirtschaftliche Düngung sowie durch Nährstoffeinträge aus Industrie und Verkehr einen Faktor dar, welcher die biologische Produktivität der Gewässer erheblich gesteigert und damit auch die Nahrungsgrundlage des Kormorans verbessert hat. Die Eutrophierung setzte zwar bereits im 19. Jh. ein, ihre begünstigenden Wirkungen für den Kormoranbestand wurden allerdings über lange Zeit nicht sichtbar, da die radikale Verfolgung im 19. Jh. sowie die Belastung der Umwelt mit DDT und PCB ab Mitte des 20. Jh. eine positive Bestandsentwicklung zunächst verhinderten. Erst mit dem Wegfall dieser bei-den Faktoren konnten sich das heutige Verbreitungs-muster und die aktuelle Bestandsgröße herausbilden.

Die historischen Quellen belegen, dass der Kormo-ran schon ab dem Mittelalter im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden ein verbreiteter Vogel war, wobei sowohl das Brutareal als auch der Brutbe-stand im Laufe der Zeit erheblichen Veränderungen unterlagen. Diese Veränderungen schließen auch Are-alverschiebungen zwischen den beiden Unterarten Ph. c. carbo und Ph. c. sinensis mit ein. Eine nahezu flächendeckende Verbreitung und einen so großen

258 M. BEIKE et al.: Der Kormoran im deutschsprachigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800

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Bestand wie heute hat es historisch jedoch nicht gege-ben. Natürliche Faktoren wie z. B. Klimaschwankun-gen sowie anthropogene Landschaftsveränderungen (z. B. Schaffung künstlicher fischreicher Gewässer), Stoffeinträge (Nährstoffeinträge; Schadstoffe), und die zielgerichtete Verfolgung in weiten Teilen seines Verbreitungsgebietes hatten bzw. haben erhebliche Auswirkungen auf Bestand und Verbreitung des Kor-morans. Der gegenwärtige Bestand und die aktuelle Brutverbreitung des Kormorans sind das Ergebnis der heutigen Umweltbedingungen, welche sich von den Bedingungen, die in dem in dieser Arbeit analysier-ten Zeitabschnitt zwischen 800 und 1800 herrschten, grundlegend unterscheiden.

Dank. Die Autoren danken Dr. B. Bulitta (Sächsische Aka-demie der Wissenschaften zu Leipzig), Hr. Falko Klaes (FB II Germanistik – Ältere deutsche Philologie, Universität Trier), Prof. Dr. H. P. Althaus (em.) (FB II Germanistik – Germanis-tische Linguistik, Universität Trier), Prof. Dr. S. Neuberg (FB II Germanistik – Jiddistik, Universität Trier) sowie Dr. J. M. Becker (Institut für Slawistik, Universität Greifswald). Ohne ihre wertvollen Hinweise und Erläuterungen wäre die kor-rekte Interpretation einer Reihe von Quellen nicht möglich gewesen. Weiterhin danken wir Herrn Adolf Weber (NABU Finsterwalde) für seine Informationen zur Geschichte der Gegend um Sonnewalde.

5. ZusammenfassungBeike, M., C. Herrmann, R. Kinzelbach & J. de Rijk 2013: Der Kormoran Phalacrocorax carbo sinensis im deutschspra-chigen Raum und in den Niederlanden zwischen 800 und 1800. Vogelwelt 134: 233–261.Die frühesten Schriftstellen aus dem deutschsprachigen Raum mit Bezug zum Kormoran stammen aus dem 9. Jh. und belegen ein offenbar regelmäßiges Auftreten des Vogels am Bodensee. Aus den folgenden Jahrhunderten liegen zahl-reiche Quellen vor, die Rückschlüsse auf Häufigkeit und Ver-breitung der Art zulassen. Erste Hinweise auf Brutkolonien finden sich in den Schriften von Albertus Magnus Mitte des 13. Jh. für Pommern (Raum Stettin). Die älteste Infor-mation über eine Brutkolonie mit genauer Ortsangabe (bei Breslau in Schlesien) geht auf eine Anordnung des Kaisers Karl IV. im Jahr 1377 zu ihrer Zerstörung zurück. In den Niederlanden war der Kormoran mindestens ab dem 15. Jh. durchgehend Brutvogel. Die historischen Quellen belegen, dass Häufigkeit und Verbreitung des Kormorans in dem in dieser Arbeit betrachte-ten Zeitraum offenbar erheblichen zeitlichen und räumlichen Veränderungen unterlagen. Brutvorkommen sind für die Niederlande, Schlesien, Nordostdeutschland (Brandenburg, Mecklenburg, Pommern) sowie für den östlichen Ostseeraum (Ostpreußen, Kurische Nehrung, Livland) nachweisbar. In Mittel- und Süddeutschland, einschließlich Alpenraum und

Alpenvorland, trat der Kormoran zwar regelmäßig auf, die Quellen lassen aber keine eindeutige Aussage zu, ob es sich dabei ausschließlich um Durchzügler und Wintergäste han-delte oder ob es auch Brutansiedlungen gab. Die Faktoren, die die zeit-räumlichen Veränderungen von Häufigkeit und Verbreitung des Kormorans in historischer wie auch in jüngerer Zeit beeinflusst haben dürften, werden diskutiert. Neben möglichen natürlichen Faktoren (Klimaän-derungen) spielen anthropogene Einflüsse wie die Schaffung künstlicher nahrungsreicher Stillgewässer (Fischteiche im Mittelalter, Abbaugruben in jüngerer Zeit), die Verbesse-rung des Nahrungsangebots durch die Eutrophierung der Gewässer, die intensive menschliche Verfolgung und nicht zuletzt, insbesondere in der 2. Hälfte des 20. Jh., Belastun-gen der Umwelt mit Schadstoffen eine wichtige Rolle. Die gegenwärtige Verbreitung und Häufigkeit des Kormorans kann somit nicht als Wiederherstellung eines historischen Zustandes interpretiert werden. Sie ist vielmehr das Ergebnis der heutigen Umweltbedingungen, die sich von den Verhält-nissen im Untersuchungszeitraum dieser Studie grundlegend unterscheiden.

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Marcus Beike, Wolfstrasse 24, D-63500 Seligenstadt; E-Mail: [email protected]

Christof Herrmann, Goldberger Str. 83, D-18273 Güstrow; E-Mail: [email protected]

Ragnar Kinzelbach, Universität Rostock, Institut für Biowissenschaften, Allgemeine und Spezielle Zoologie, Universitätsplatz 2, D-18055 Rostock; E-Mail: [email protected]

Jan de Rijk, Joan Maetsuyckerstraat 47, NL-2593 ZD Den Haag; E-Mail: [email protected]

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